Ernährungsgewohnheiten in Spätmittelalter und früher Neuzeit
Essen und Trinken gehören zu den Grundbedürfnissen der Menschen, sie sind wie Kleidung und Wohnen Ausdrucksformen des kultivierten Lebens und als Statussymbole Zeichen der gesellschaftlichen Stellung. In diesen Bereichen werden im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit erhebliche Unterschiede zwischen Arm und Reich, zwischen Adeligen, Bürgern, Handwerkern und Bauern, zwischen Alltag und Fest, zwischen guten und schlechten Zeiten deutlich erkennbar.
Reichhaltige, aufwändig zubereitete und seltene Speisen, kostbares Tafelgeschirr und Besteck bei einem Festessen sind Ausdruck des Reichtums, doch sollten auf diese Weise auch die Position innerhalb der Gesellschaft und die Wertschätzung für den Gast zur Schau gestellt werden.
Versorgungskrisen
Der Alltag sah dagegen ganz anders aus: ausreichend essen zu können, war keine Selbstverständlichkeit. Ledig
lich Sommer und Herbst mit der Ernte sowie der Winter mit den Schlachttagen waren Zeiten, in denen der Tisch reicher gedeckt war. Die Vorratshaltung stellte ein wichtiges Kriterium des Haushalts dar, der Inbegriff des Vorratsraumes war der Keller, um alles kühl und frisch zu halten.
Schlechte Ernten durch Unwetter, Schädlingsbefall oder kriegerische Ereignisse führten zu Versorgungskrisen. Mangelkrankheiten auf Grund der schlechten Ernährung waren häufig, die Lebenserwartung blieb niedrig. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in der Fantasie der Menschen der Traum vom Brei Getreideprodukte bildeten die wichtigsten Grundnahrungsmittel, sie versorgten die Menschen mit Kohlehydraten. Das Hauptgericht war Brei, zubereitet meist aus Hafer oder Gerste, aber auch aus Erbsen, Bohnen oder Linsen. Hirsebrei galt als Festessen und Leckerei bei besonderen Anlässen. Wurde der Getreidebrei am Herd gebacken oder geröstet, so entstand ein Fladen, der in kaltem Zustand oft sehr hart, aber dadurch haltbarer war und mit Wasser wieder aufgeweicht werden konnte.
Weizen und Roggen eigneten sich am besten zum Backen von Brot, allerdings war das feinere Weißbrot aus Weizenmehl meistens dem „Herrentisch“ vorbehalten. Mittelalterliches Brot aus Roggen- und Hafermehl wurde schärfer ausgebacken, daher konnten Brotscheiben als Teller dienen.
Obst und Gemüse
Erbsen, Ackerbohnen, Linsen, Kraut, Kohl, Zwiebel und Lauch bereicherten die Kost und lieferten Vitamine. Außerhalb der Städte – so auch in Enns – lagen die Krautäcker der Bürger, mit deren Ertrag der Eigenbedarf gedeckt werden konnte. Gemüse, Obst (Äpfel, Birnen, Zwetschken), Geflügel und Eier wurden auf den Märkten angeboten. Eierspeisen gehörten zu den wichtigsten Gerichten bei allen Schichten der Bevölkerung.
Fleisch und Fisch
Das Fleisch stammte wie heute fast ausschließlich von Schweinen, Rindern, Schafen, Ziegen und Geflügel. Eine Brot- und Fleischbank sind in Enns im 15. Jahrhundert urkundlich belegt, dort konnte man frisches und geräuchertes Fleisch, Wurst und Schmalz kaufen.
Dass im spätmittelalterlichen Enns Fisch als Nahrung eine Rolle spielte, ist aus dem Namen „unter den Fischern“ für den Siedlungsbereich an der Enns unterhalb des Schlosses Ennsegg erkennbar. Die Jagd hatte hingegen als Privileg der Adeligen für die Versorgung der städtischen und ländlichen Bevölkerung keine Bedeutung.
Gewürze
Eine Verfeinerung der Speisen erfolgte durch Salz, Essig und meist einheimische Küchenkräuter wie Petersilie, Rosmarin, Kerbel, Anis oder Estragon. Die reichliche Verwendung von Gewürzen exotischer Herkunft war ein Zeichen für Wohlhabenheit und daher auf einen kleinen Kreis beschränkt.
Getränke
Neben Wasser wurde vor allem Bier getrunken, das um 1500 den Met völlig verdrängt hat; Bierbrauen lässt sich in Enns seit 1379 urkundlich nachweisen. Most aus dem vergorenen Saft von Äpfeln und Birnen hat im Mostviertel eine bis ins Hochmittelalter zurückreichende Tradition und wird daher auch in Enns wichtig gewesen sein.
Wein kam im Leben der oberen Gesellschaftsschichten eine große Rolle zu, gehörte er doch zu jedem offiziellen Zusammentreffen. Ihm wurden Kräuter und Gewürze beigegeben, solche Getränke konnten kalt oder als Glühwein konsumiert werden.
Autor: Reinhardt Harreither, 2007
Tonspuren. Keramik vom 12. bis 20. Jahrundert - Dokumentation einer Ausstellungstrilogie im Stadtmuseum Wels-Burg, dem Museum Lauriacum in Enns und dem Heimathaus-Stadtmusem Perg vom 1. Juni bis 4. November 2007.