Bei Aushebungen des Grundes für die Tankanlage des Kaufmannes Fitz im Jahre 1929 am westlichen Ende des Kaiser-Josef-Platzes, ehemals in der Vorstadt genannt (heute: vor den Häusern Kaiser-Josef-Platz 29/30), fanden sich reiche Spuren einer einstigen Töpferei: Fehlbrände, Halbfertigprodukte, Scherben ... Aufgrund einer Neubearbeitung dieses Hafnerabfalls ist anzunehmen, dass an der genannten Stelle bereits ab der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine Hafnerei bestanden hat.
Für Wels können im Bereich der Vorstadt noch vier weitere Hafnereien nachgewiesen werden: So betrieb Hans Vink zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine Töpferei in der Vorstadt 97 (heute: Kaiser-Josef-Platz 21/Hessengasse 6), wie unter anderem aus einem Vertrag aus dem Jahre 1535 hervorgeht. Damals verkaufte der Hafner sein Haus „sambt der pranstubn, garten und stadl“ an seinen Schwager. Aus der Werkstätte von Hans Vink sind hochwertige Kachelmodel erhalten geblieben, die sich heute im Besitz der Familie Wiesinger, Wels befinden.
Hafner mit dem Namen Vinck/Vinkh/Vink/Fink treten uns in den Aufzeichnungen immer wieder entgegen. Sie dürften alle einer Familie angehören haben. So wird bereits 1489 Peter Vinck genannt, ohne dass wir ihn einer bestimmten Werkstätte zuweisen können. Es folgen nach dem bereits genannten Hans Vinck (gest. vor 1553), Wolf Fink (erwähnt 1577/1610), Andre Fink (erwähnt 1577/1581) und Christoff Fink (erwähnt 1599). Auch sie waren in der Vorstadt, allerdings im östlichen Teil, angesiedelt. Wolf Fink betrieb die seit 1529 in dem Haus Vorstadt 123 bestehende Hanferwerkstätte, die anderen Familienmitglieder waren im Bereich des Kalchofen (heute: Herrengasse) angesiedelt. Sie scheinen als Pächter von Hafnerhäusern auf.
Der Kalchofen war ein kleinteiliges Siedlungsgebiet, in dem neben den Kalköfen von der Mitte des 16. bis in die erste des Hälfte des 17. Jahrhunderts auch zwei (Vorstadt 191/2; Vorstadt 191/4) Hafnerwerkstätten betrieben wurden. Die Häuser in diesem Bereich wurden durch den Stadtbrand 1626 teilweise demoliert, allenfalls mussten sie spätestens mit der Errichtung des Kapuzinerklosters ab 1629 weichen.
Dies scheint Thoman Altenhofer/Altenhoffer/Altenhover, dessen Familie seit drei Generationen die Werkstätte Vorstadt 191/4 innen hatte, zum Anlass genommen haben, 1629 das Hafnerhaus Stadt 76 (heute Pfarrgasse 23) zu erwerben. Dieses Haus, das innerhalb der Stadtmauern lag, war nachweislich von 1529 bis 1710 in ununterbrochener Besitzerfolge eine Hafnerei. Hans Stadler d. Ä. wird als erster Hafnermeister genannt. Auch er war Mitglied einer größeren Hafnerfamilie, die bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Wels tätig war.
Die Familie Stadler besaß nicht nur das Haus Stadt 76, sondern betrieb auch über Generationen hinweg die Hafnerwerkstätte im Haus Stadt 79 (heute: Pfarrgasse 17, ehemals Hafnerei Tschuden). Das Gewerbe wurde ab Jakob Stadler, der 1529 erstmals auf diesem Haus genannt wird, in ununterbrochener Folge bis 1989 weitergegeben. Die Familien Tschuden waren über drei Generationen die letzten Besitzer und Betreiber dieser Hafnerei (Matthäus Tschuden 1909–1920, Mathias Tschuden/ Therese Tschuden1920/1949/1976, Josephus Tschuden 1976–1989).
Als dritte Hafnerei innerhalb der Stadtmauern, die sich ebenfalls im „Hafnerwinkel“ befand ist die Werkstätte im Haus Stadt 89 (heute Pfarrgasse 28, ehemals Hafnerei Wiesinger) zu nennen. Sebastian Grillparzer, ein Vorfahre des Dramatikers Franz Grillparzer, erwarb 1637 dieses Haus. Er betrieb ab 1633 zunächst auf Pacht die Hafnerei im Haus Stadt 76. Grillparzer begründete mit der Einrichtung des Betriebes das bis 1983 dauernde Hafnergewerbe am Haus Stadt 89. Eine Sonderstellung nahm die Werkstatt unter Johann Kizberger ein (1735–1780), da sie sich als einzige im westlichen Österreich mit der Rotmalerei befasste und Kizberger der erste nachweisbare Weißhafner in Wels war. Auch die auf ihn folgenden vier Meister setzten diese Produktion fort, bis Ferdinand Wiesinger das Haus 1863 erwarb. Er beschäftigte sich anfänglich mehr mit dem Geschirrhandel, nahm aber vermutlich 1869 die Produktion von Weißhafnerei im eigenen Betrieb wieder auf. Drei Generationen der Familie Wiesinger hatten das Gewerbe inne, bis im Jahre 1983 die Gewerbeberechtigung für die Betreibung der Hafnerei und des Geschirrhandels zurückgelegt wurde (Ferdinand Wiesinger sen. 1863–1903; Johann Wiesinger/Maria Wiesinger 1903/1950/1958, Hans Wiesinger/Gertrude Wiesinger 1958/1970/1983).
Wie aus dem Welser Schreib- und Auskunftskalender sowie den Aufzeichnungen des Gewerbeamtes hervorgeht, hatte Franz Wiesinger (Sohn des Ferdinand Wiesinger sen.) das Hafnereigewerbe von 1905 bis 1951 inne. Er betrieb von 1907 bis 1912 nachweislich eine Werkstätte in der Westbahnstraße 10 (heute: Bahnhofstraße 20) und wechselte im Jahre 1913 in die Pernauerstraße, scheint in den folgenden Jahren aber nicht mehr auf.
Von 1922 bis 1930 bestand in Wels auch eine Porzellanfabrik.
Autorin: Ingeborg Micko, 2007
Tonspuren. Keramik vom 12. bis 20. Jahrundert - Dokumentation einer Ausstellungstrilogie im Stadtmuseum Wels-Burg, dem Museum Lauriacum in Enns und dem Heimathaus-Stadtmusem Perg vom 1. Juni bis 4. November 2007.