Urban Icons an der Elbe

Ähnlich der Donauverbauung ging es auch in Hamburg um eine Inszenierung am Fluss. Das 250 Meter hohe Gauhochhaus sollte einem Leuchtturm gleich als einziger Wolkenkratzer im „Dritten Reich“ an der Elbe die Macht des nationalsozialistischen Regimes demonstrieren und als neue Parteizentrale für Gauleiter und Reichsstatthalter Karl Kaufmann dienen. Die über die Elbe anreisenden Gäste sollten unter einer großen Hochbrücke – mit 180 Meter hohen Brückenpylonen – hindurchfahren und an den Fahrgastanlagen unterhalb des Gauhochhauses in der Hansestadt anlanden. Der geplante Wolkenkratzer war vor allem ein Machtsymbol: Hamburg sollte als „Tor zur Welt“ auf der gleichen Stufe wie New York stehen und diese sogar noch übertreffen, wie die Presse 1938 berichtete.

Im April 1939 wurde der Hamburger Architekt Konstanty Gutschow offiziell beauftragt als „Architekt des Elbufers“ ein neues Zentrum mit Gauhochhaus, Volkshalle, Hochstraße, KdF-Hotel, DAF-Haus und Aufmarschplatz zu planen. Die Entwürfe für das Gauhochhaus ähneln sich sehr dem von Albert Speer 1937 in Paris realisierten deutschen Ausstellungspavillon auf der Weltausstellung. Gutschow plante für sein Gauhochhaus ein flaches Dach und setzte den Reichsadler an die Südfassade zu Elbe hin, wie der hier ausgestellte Aufriss der Fassade gut erkennen lässt. Die Konstruktion dieses 250 Meter hohen Wolkenkratzers hätte jedoch der Elbsandboden nie tragen können. Dessen bewußt kursierten im Büro Gutschow Witze über mögliche Einsturzszenarien des Gauhochhauses.

Anders als seine Kollegen Albert Speer und Giesler war Gutschow in seiner Heimatstadt auch als Städtebauer tätig. Die von seinem Büro 1941 und 1944 entwickelte Generalbebauungsplanung war Grundlage für den Wiederaufbau Hamburgs nach 1945. Von den „Führerstadt“-Planungen am Elbufer wurde dagegen nichts verwirklicht. Gutschow gehörte zusammen mit vielen Architekten, die in Linz NS-Wohnbauten planten, zur Generation der um 1900 bis 1910 Geborenen, die in drei politischen Systemen ihre Profession ausübte. Ihre Ausbildung machten sie in der Weimarer Republik bzw. in der Ersten Republik an Technischen Hochschulen. Ihre Büros gründeten sie im Zeichen der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre, bevor einige die Chance nutzten, im nationalsozialistischen Regime Karriere zu machen. Diese war auch nach 1945 nicht beendet. Ganz im Gegenteil: wenngleich der Einstieg auf Positionen in den Stadtbauämtern oftmals nicht sofort möglich war, reüssierten die meisten von ihnen als Privatarchitekten im Wiederaufbau der Bundesrepublik bzw. der Zweiten Republik.

Autorin: Sylvia Necker

"Hitlerbauten" in Linz. Wohnsiedlungen zwischen Alltag und Geschichte. 1938 bis zur Gegenwart - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico Stadtmuseum Linz vom 21. September 2012 bis 20. Jänner 2013.