Sagenfiguren
Der Waldmann und das Grassaatmandl

Am Sonnenwendtag ging in Wolfsegg und Umgebung ein Bub von etwa 12 Jahren, ganz in „Tanngras“ gekleidet, in „lärmender Begleitung“ von Haus zu Haus und sammelte Holz mit dem Spruch:

„Waldbam, Waldbam wüli,
trink a saurö Mülich (!),
Bier und Wei, Bier und Wei,
kann da Waldma scha brav lusti sein.“


Auch in Geboltskirchen gab es am Krampustag und im Fasching solche Masken. Sie hießen Grassaatmandl und waren ganz in Tannenreisig gehüllt. In der Gegend von Kematen bei Grieskirchen war der Waldmann auch bekannt. Buben trugen am Sonnwendtag eine mit Bändern und Papier geschmückte Stange vor einem Schubkarren her, auf dem ein mit Tannenreisig bekleideter Bub mit rußgeschwärztem Gesicht saß. Die dem Zug folgenden Kinder riefen:

„Waldmann, Waldmann, Birbam, Büli,
trinkt der Waldmann saure Müli,
saure Müli, Bier und Wein,
wird der Waldmann lustig sein.“


In der Dreikönigsnacht gibt es im Bezirk Braunau eine Maske, die sehr an den Waldmann erinnert, es ist dies der ganz in Tannenreisig eingehüllte „Waldteufel“.

Der Waldmann, der Waldteufel und das Grassaatmännchen dürften zur Gruppe der Wilden Männer und Frauen gehören. Die Vorstellung, solche lebten im Wald, stammt vermutlich aus einer Zeit, wo man körperlich und geistig Kranke aus den Siedlungen fort in den Wald vertrieb. Sie kommen in Sagen sowohl als helfende, gutmütige Wesen, als auch als abschreckende, riesige Unholde vor. Oft sind sie behaart oder bemoost. Der Ursprung dieser Gestalten könnte aber auch der Glaube an Baumgeister sein. Etwa im 6. Jahrhundert begann man, Kulte, in denen Quellen und Bäume verehrt wurden, zu verbieten. Im 13. Jahrhundert musste man jedoch die Gläubigen in der Synode in Trier erneut ermahnen, sie dürften Bäume und Quellen nicht anbeten.

Es dürfte also einen ausgeprägten Baum- und Wasserkult gegeben haben.

Wenn der Waldmann besonders in unserer Gegend auftritt, so ist es sicher die Nähe zum in früheren Zeiten fast undurchdringlichen Hausruck, der Phantasien von Waldwesen gedeihen ließ. Man glaubte, sie würden in Waldbäumen leben. Früher sprach man, bevor man einen Baum fällte, oft entschuldigende Worte. Auch der Brauch drei Kreuze in den Baumstumpf zu schnitzen, mag seinen frühesten Ursprung in Baumkulten gehabt haben.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2014

Glaube? Aberglaube? – Volksfrömmigkeit - Dokumentation der Ausstellung im Kulturgut Hausruck vom 26. April bis 2. November 2014 und 2017.