Sagenfiguren
Wilde Jagd

Sagen über durch die Luft jagende Geister- oder Totenheere sind sehr alt. Früher dachte man, es seien im Kampf gefallene Krieger, später glaubte man, Wotan sei der Anführer dieses Heeres. Mit ihm mussten unter anderem Gehängte und Geräderte mitziehen, die diesem Gott ebenso unterstanden, wie der Sturmwind. Auf den Zusammenhang weist auch hin, dass man bis in die 1950er Jahre in Oberösterreich noch sagen hörte, der Sturm blase dann, wenn sich jemand erhängt hätte. Die Wilde Jagd könnte daher eine Personifikation des Sturmwindes sein. Auch das heulende und brausende Geräusch, das sie ankündigte, wäre so erklärbar.

Der in unserer Gegend bekannte „Wilde Jäger“ dürfte eine Verkörperung Wotans sein, der in christlicher Zeit zu einer Teufelsgestalt wurde. Deshalb findet man auch die Volksmeinung, der Anführer der Wilden Jagd sei der Teufel. Aber auch Frau Percht oder Hexen werden manchmal genannt. Mitziehen mussten besonders schwarze Tiere, die man auch durch kein Anketten oder Einsperren davon abhalten konnte.

Vielleicht haben wilde Maskenumzüge der Zechen in unserer Gegend das Bild der Wilden Jagd mitgeprägt. Diese Umzügler nahmen manchmal Leute aus Spaß kilometerweit mit sich, ein Motiv, das man auch bei der Wilden Jagd immer wieder findet. Ebenso würde die Zeit des häufigsten Auftretens des „Wilden Gjoads“, die Raunächte, auf die Zeit der Maskenumzüge hinweisen. In Haag und Geboltskirchen hieß es immer, die Wilde Jagd komme vom Innviertel her, wo es die meisten Zechen gab.

„Das Nachtgjoad“, glaubte man überall, fliege nach Sonnenuntergang etwa einen Fuß über der Erde dahin. Unvorsichtige Nachtwanderer wurden mitgenommen. Dieses Motiv der Luftfahrt ist sehr alt. Oft wird beschrieben, dass Mitgenommene erst 200 Stunden oder gar sechs Wochen später wieder zurückkamen und manche von ihnen ganz „damisch“ waren. Dies könnte auch auf ein Zustandekommen der Sagen durch Rauschzustände hinweisen.

Wer sich vor der Wilden Jagd schützen wollte, musste sich niederwerfen, Arme und Beine kreuzen, oder ein Stück Brot bei sich haben, über das man beim Anschneiden drei Kreuze gemacht hatte. In den Ställen schützten Besen und Gabeln, die man mit den Zinken nach oben aufstellte, das Vieh vor dem „Mitmüssen“, meinte man z.B. in Meggenhofen.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2014

Glaube? Aberglaube? – Volksfrömmigkeit - Dokumentation der Ausstellung im Kulturgut Hausruck vom 26. April bis 2. November 2014 und 2017.