Zaun und Gatter, First, „Dachtropfer“ und Türschwelle waren wichtige Grenzen des Besitzes und des Machtbereichs des Bauern.
Im germanischen Volksrecht des frühen Mittelalters wird schon der Zaun erwähnt, der das Gehöft umgibt. Er sollte einem Mann etwa bis zur Brustwarze reichen und bestand aus zugespitzten Pfählen mit einem Geflecht dazwischen. Auch in dieser Zeit dürfte der Zaun schon kultische Funktionen gehabt haben. In spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rechtsvorschriften, z.B. im Taidingsbuch von Haag am Hausruck, finden sich genaue Angaben über seine Höhe, sein Aussehen und darüber, wie weit man ihn schneiden darf, wenn es sich um einen lebenden Zaun handelt.
So ist es auch kein Wunder, dass die Hexe als „Zaunreiterin“ oder „Zaunweib“ bezeichnet wurde, entweder in der Bedeutung von einer, die einen Zaunpfahl reitet oder als eine, die über den Zaun in den Bereich des Menschen eindringen möchte.
Den Zaun verließ man durch Gatter. Diese bestanden meist aus zwei hölzernen oder steinernen Gattersäulen, von denen eine ein Loch im oberen Teil hatte, das in Wegrichtung wies. Im Rechtswesen spielten Gattersäulen eine wichtige Rolle, weil bei ihnen Schwerverbrecher von einem Landgericht an ein anderes ausgeliefert wurden. Wurden sie nicht abgeholt, band man sie, manchmal nur mit einem Strohhalm, an die Gattersäule und überließ sie ihrem Schicksal. Gattersäulen findet man am ehesten noch im Sauwald. Eine allerdings hat sich in Vatersam noch erhalten, wo sie ganz in der Nähe des ehemaligen Sitzes Vatersham steht.
Bauern warnte man davor sie zu versetzen, weil sonst das Haus abbrenne. In die Löcher der Gattersäulen wurde bei starkem Wind auch das „Windfutter“, meist Mehl, gelegt. Man glaubte, an Gattersäulen, besonders an denen, welche sich an den Grenzen zweier Güter befinden, kommen die Hexen zusammen, erscheint der Böse und andere Unholde oder auch „Fuchtelmänner“ (Irrlichter). An jedem Gatter sitze eine Arme Seele, daher soll man es nicht heftig zuschlagen, weil ihr dies weh täte.
Der Dachfirst war schon in bairischer Zeit ein Platz kultischer Verehrung. Firstsäule und Firstbaum hatten eine wichtige statische Funktion. Die Firstsäule stand in Beziehung zum Ahnenkult, man dachte, die Hausgeister oder später die Armen Seelen wohnten auf ihr, deshalb stellte man dort Speiseopfer für sie auf. Später legte man Abwehrmittel auf den Dachfirst. So wurden beim Abriss von Häusern oft magische Gegenstände gegen Blitzschlag, Antlasseier, getrocknete Kröten und Silbermünzen usw. gefunden. In Diersbach fand man am Dachfirst des Himsl in Dobl drei kleine Drudenkreuze und zwei Silbermünzen.
Der „Dachtropfer“ oder die Dachtraufe galt als die äußerste Grenze des Hauses, die schützende Kraft hatte. Im Rechtswesen durfte man jemanden innerhalb der Traufe nicht verhaften, andererseits durfte jemand, der unter Hausarrest gestellt war, das Haus nur bis zum „Dachtropfer“ verlassen. Innerhalb der Dachtraufe galt man als geschützt vor allen dämonischen Wesen. Auch Schätze glaubte man manchmal unter ihr zu finden. Wöchnerinnen durften bis sechs Wochen nach der Geburt das Haus nur bis zum Dachtropfer verlassen, um sich nicht den Angriffen von Hexen und Teufeln auszusetzen. „Hexenzeug“, also Gegenstände zum Verhexen, wurde manchmal dort vergraben.
Die Türschwelle war die wichtigste Grenze des Hauses und ebenfalls Aufenthaltsort von Geistern. Das mag daher kommen, dass man sie in früheren Zeiten als Begräbnisstätte, besonders für ungetaufte Kinder nutzte. Auch Bauopfer fand man manchmal unter Hausschwellen. Es konnte sich dabei um Hunde, Katzen oder bei sehr alten, großen Gebäuden wie Burgen, auch um Menschen handeln.
Einen Sarg musste man beim Hinaustragen des Toten an jeder Türschwelle abstellen und ein Vaterunser beten. Auch heute glaubt man noch, dass es Glück in der Ehe bringt, wenn der Mann seine Braut über die Schwelle trägt.
Autoren: Irene und Christian Keller, 2014
Glaube? Aberglaube? – Volksfrömmigkeit - Dokumentation der Ausstellung im Kulturgut Hausruck vom 26. April bis 2. November 2014 und 2017.