Bibliotheken in Oberösterreich
Die Bibliothek der Oberösterreichischen Landesmuseen
Spezialisierte Fachbibliothek
Die Bibliothek der oberösterreichischen Landesmuseen, beherbergt in der Landesgalerie, ist eine spezialisierte Fachbibliothek, die seit ihrer Gründung 1835 jene Literatur sammelt und erschließt, die der wissenschaftlichen Arbeit im Hause und der Ausstellungstätigkeit dient. Sie steht aber auch der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Die vertretenen Fachgebiete sind identisch mit den Abteilungen des Museums: Archäologie, Ur- und Frühgeschichte, Numismatik, Geologie, Paläontologie und Biologie, Volkskunde, Oberösterreichische Landeskunde, Kunstgeschichte, Technikgeschichte und Museumskunde.
Die wissenschaftlichen Ausstellungskataloge und zahlreiche andere Fachpublikationen ermöglichen einen Schriftenaustausch mit gleich oder ähnlich ausgerichteten Institutionen im In- und Ausland. Wertvolle Schenkungen bis in die Gegenwart herein haben die Bibliotheksbestände bereichert.
Seit 2000 arbeitet die Bibliothek aktiv am Österreichischen Bibliothekenverbund mit, sie ist dadurch in ein leistungsfähiges Informationsnetz eingebunden. Die Bestände der Bibliothek belaufen sich auf 163.500 Bände (Stand: Ende 2009).
Zahlreiche Sondersammlungen
Die Bibliothek nimmt innerhalb des Landesmuseums auch den Stellenwert eines eigenen Sammlungsbereiches ein. Ihre Sondersammlungen enthalten Leitobjekte, die zur Identifikation des Landes Oberösterreich gehören. Die Zimelien der Sondersammlungen sind begehrtes Ausstellungsgut und tragen zur Profilierung der Bibliothek bei. Die Bibliothek besitzt 20 Inkunabeln, darunter berühmte Drucke von Anton Koberger aus Nürnberg, wie die Schedelsche Weltchronik (1493), der Schatzbehalter (1491), Die Reformation der Stadt Nürnberg (1484). An Frühdrucken (erschienen bis 1530) sind vor allem eine Sammlung von Newen Zeyttungen (1519–1530) erwähnenswert, Luther-Drucke des Adam Petri in Basel (1519/1520) und der Algorithmus Mathematici Georgii Peurbachii (Wien 1520).
Die Bibliothek besitzt rund 10.000 historische Landkarten und Atlanten Oberösterreich, Österreich und die ganze Welt betreffend. Dabei sind die Namen aller berühmten Kartenstecher und -verlage vertreten.
Die Höhepunkte der Handschriftensammlung bilden das älteste Werk, ein Fragment einer Nibelungenhandschrift (2. Drittel des 14. Jahrhunderts), weiters das Antiphonar des Erhard Cholb, eine Prachthandschrift, entstanden 1435 bis 1464. Ebenso bekannt ist die mathematisch-astronomische Sammelhandschrift um Johannes von Gmunden, 1425 bis 1428 vermutlich in Wien entstanden. Das Kräuterbuch des Arztes Johannes Hartlieb fügt sich in die Tradition der großen deutschen Kräuterbücher (entstanden 1435 bis1450 in Burghausen) ein. Ein besonderes Unikat stellt ein Sammelband über festliche Aufzüge der Barockzeit mit sowohl gedruckten als auch handschriftlichen Zeugnissen dar. Von größter kulturhistorischer Bedeutung sind die darin enthaltenen Aquarelle von Jonas Arnold (1609–1669).
Die Sammlung von Stammbüchern reicht von adeligen Wappenbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts über biedermeierliche Stammbücher bis zum Stammbuch der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert mit Einträgen berühmter Künstlerpersönlichkeiten.
Die ca. 20.000 Schriftstücke umfassende Autografensammlung enthält unter vielen anderen Pretiosen ein Stammbuchblatt Johannes Keplers (1571–1630) aus dem Jahr 1612.
Die Portraitsammlung umfasst 7800 Stiche. Sie findet ihre Fortsetzung in der Kollektion von Portraitfotografien hauptsächlich österreichischer Persönlichkeiten.
Eine ausgesprochene Rarität stellt die Sammlung von Ehrenurkunden dar. Dabei handelt es sich um grafisch, kalligrafisch und auch kunsthandwerklich prächtig ausgestattete Glückwunsch-Adressen oder Verleihungsurkunden.
Ein weiterer, historisch gewachsener Teil der Sondersammlungen sind die Musikalien. Darunter befinden sich Kostbarkeiten wie die Linzer Orgeltabulatur, eine Sammlung von 120 vierstimmigen Tänzen und Liedbearbeitungen für Tasteninstrumente, die 1611 bis 1613 aufgezeichnet wurden. Die Bibliothek besitzt auch zwei Musikautografen Wolfgang Amadeus Mozarts.
Die musikalischen Nachlässe von folgenden Komponisten befinden sich ebenfalls hier: Josef Brauneis (1873–1948), Josef Breinbauer (1860–1945), Leopold Daxsperger (1896–1963), Ludwig Daxsperger (1900–1996), Johann Evangelist Habert (1833–1896), Wenzel Lambel (1786–1861), Moritz von Mayfeld (1817–1904), Franz Neuhofer (1870–1949), Johann Baptist Schiedermayr (1779–1840).
Besonders erwähnenswert ist die Sammlung Anton Bruckner (1824–1896) mit kleineren Werken, Übungsblättern für Schüler, Briefen und Erinnerungsstücken an Bruckner. Das unumstritten wichtigste Stück ist die von Bruckner testamentarisch dem Landesmuseum zugedachte Originalhandschrift der Symphonie in d-Moll – der „Nullten“, vormals Symphonie No 2.
Eine Fundgrube für Theaterwissenschafter stellt die von einer Privatperson sorgfältigst zusammengetragene Theatersammlung dar, die die Theatersaisonen in Oberösterreich von 1855 bis 1963/64 genau dokumentiert. Weiters verwaltet die Bibliothek eine Plakatsammlung (Ausstellungsplakate), eine Ansichtskartensammlung, eine höchst interessante Sammlung seltener historischer Spielkarten und kleinere Spezialsammlungen wie handgeschriebene Gebetbücher (aus der Zeit von 1618 bis 1800), alte Kalender und eine reichhaltige Sammlung handgeschriebener Kochbücher von 1646 bis ins 20. Jahrhundert.
Die Nachlassbibliothek Alfred Kubins (1877–1959) wird schließlich am Originalstandort in Schloss Zwickledt aufbewahrt. Erst 2003 wurde die Fachbibliothek des Fotohistorikers Hans Frank (1908–1987) aus dem Fotomuseum Bad Ischl in die Bibliothek des Landesmuseums übernommen.
Oberösterreichische Landesbibliothek
Von der Lyzeal- zur Landesbibliothek
Zwei Ereignisse standen Pate bei der Gründung der Oberösterreichischen Landesbibliothek (vormals Studienbibliothek): die Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. am 21. Juli 1773 und die durch das Klosteraufhebungspatent vom 12. Jänner 1782 eingeleiteten Klosteraufhebungen unter Kaiser Joseph II. Betroffen davon waren in Oberösterreich zwischen 1782 und 1792 mehr als 20 Klöster. Da es in Linz keine Universität gab, der man die verwaisten Bücherschätze hätte anvertrauen können, wurde per kaiserlichem Erlass vom 2. Juli 1774 und 15. Oktober 1774 die – damals so genannte – k.k. Lyzealbibliothek bzw. bibliotheca publica gegründet, um die Bestände der oberösterreichischen Niederlassungen des Jesuitenordens in Linz, Steyr und Traunkirchen aufzunehmen. In diese wurden dann auch die Bücherschätze vor allem der Benediktinerstifte Garsten, Gleink und Baumgartenberg, der Augustiner-Chorherren-Stifte Waldhausen und Suben sowie des Dominikanerklosters Münzbach und des Franziskanerklosters Pupping einbezogen.
Die Bibliothek blieb zunächst im Bibliothekssaal des ehemaligen Jesuitenkollegs in der Domgasse, musste aber dann 1776 in das kaiserliche Schloss übersiedeln. 1783 halste man die Verantwortung für die Bibliothek durch ein Hofkanzleidekret kurzerhand dem Stift Kremsmünster auf. 1784 erfolgte – nach einem kurzen Intermezzo im Haus Herrenstraße Nr. 19 (dem heutigen Bischofshof) – die Übersiedlung in das Haus Landstraße Nr. 30 (heutiger „Klosterhof“), das nun für 150 Jahre Heimstätte der Akademischen Bibliothek, wie sie damals auch genannt wurde, bleiben sollte. Das Stift Kremsmünster war verständlicherweise von der ihm aufgehalsten Verantwortung für die Bibliothek wenig begeistert und unternahm auch wiederholte Male Versuche, sich dieser Aufgabe zu entledigen, jedoch ohne Erfolg.
Eine allmähliche Änderung dieser unerfreulichen Situation trat erst ein, als der Mittelschulprofessor Dr. Konrad Schiffmann vom 1. Juli 1908 an mit der provisorischen Leitung der Bibliothek betraut wurde. Schiffmann begann sofort alles zu unternehmen, um die Bibliothek auf eine solide rechtliche Grundlage zu stellen und den Bau eines eigenen Bibliotheksgebäudes durchzusetzen, doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs machte zunächst alle Anstrengungen zunichte. So dauerte es bis 1922, bis das Finanzministerium schließlich der Übernahme des Bibliothekspersonals in die Staatsverwaltung zustimmte.
Die Diskussion um den Neubau kam nach dem Krieg erst wieder in Gang, als im Februar 1924 das Baudepartement – aufgrund der durch die Überbelastung hervorgerufenen Bauschäden – die sofortige Entfernung der Bibliothek aus dem Haus Landstraße 30 anordnete. Die Bibliothek musste in den städtischen Wirtschaftshof umgesiedelt werden.
Entgegen vielerlei Widerstände gelang es Schiffmann schließlich doch, den einzigen Bibliotheksneubau der Zwischenkriegszeit in Österreich durchzusetzen. Im Dezember 1930 wurde mit der Errichtung des Gebäudes nach den Plänen von Ministerialrat Dr. Julius Smolik am Standort Schillerplatz begonnen. Die Arbeiten dauerten bis Dezember 1931, im November 1932 war die Übersiedlung abgeschlossen und am 9. November 1934 wurde die neue Studienbibliothek eröffnet.
Unter dem Nachfolger Schiffmanns, Dr. Josef Hofinger, wurde ab 1935 der gesamte, damals auf etwa 80.000 Bände geschätzte Buchbestand neu geordnet und dazu musste ein neuer Nominal- und Schlagwortkatalog aufgebaut werden. Der Zweite Weltkrieg führte zu keinen nennenswerten Verlusten im Bestand, der Krieg hatte für die Bibliothek aber schwerwiegende Folgen anderer Art. Nachdem Anfang 1945 die Bibliothek über Anordnung der Gauleitung geschlossen hatte werden müssen, mussten alle Räume des ersten Stockwerks an die Kreisbauernschaft Linz abgetreten werden – ein Zustand, der leider nicht mit dem Krieg sein Ende fand. Anstelle der Kreisbauernschaft zogen im August und September 1945 die Ämter der Finanzlandesdirektion Linz in das Gebäude ein und es dauerte schließlich, bis sie 1971 wieder vollständig auszogen.
An ihrer Stelle bezog nun der 1950 gegründete Zentralkatalog für die wissenschaftlichen Bibliotheken Oberösterreichs hier sein Quartier. Einer kontinuierlichen und gedeihlichen Entwicklung der Studienbibliothek auf solider Grundlage schien damit erstmals in ihrer mehr als 200-jährigen Geschichte nichts mehr entgegenzustehen. Als aber in einem Rechnungshofbericht des Jahres 1975 kritisiert wurde, dass der Bund in Linz zu viele Bibliotheken unterhalte, war das Wissenschaftsministerium ab diesem Zeitpunkt bestrebt, das von Anfang an ungeliebte Kind erneut wegzulegen. Die Diskussionen und Verhandlungen über das weitere Schicksal der Bibliothek erstreckten sich über mehr als 20 Jahre, bis schließlich das Land Oberösterreich am 1. Jänner 1999 die Bibliothek übernahm, mit dem Zentralkatalog für die wissenschaftlichen Bibliotheken Oberösterreichs fusionierte und in Oberösterreichische Landesbibliothek umbenannte.
Mit der Übernahme durch das Land Oberösterreich fand die Bibliothek wieder Anschluss an moderne bibliothekarische Entwicklungen. So wurde Ende 1999 der Zettelkatalog abgebrochen und durch die elektronische Bestandserfassung ersetzt; seit Anfang 2000 ist die Oberösterreichische Landesbibliothek Teilnehmer am Österreichischen Bibliothekenverbund.
In den Jahren 2007 bis 2009 wurde schließlich nach den Plänen des Stuttgarter Architekturbüros Bez und Kock ein Erweiterungsbau errichtet, verbunden mit einer grundlegenden Sanierung des vorhandenen Gebäudes. Mit der Eröffnung am 27. August 2009 wurde zugleich der Schritt von der Magazinsaufstellung zur Freihandpräsentation des Neuzugangs und damit ein entscheidender Schritt zu einem modernen Bibliotheksbetrieb vollzogen.
Derzeit zählen zu den Beständen der Oberösterreichischen Landesbibliothek ca. 500.000 Bände, der Neuzugang beträgt rund 10.000 Bände pro Jahr.
Zu den Sondersammlungen des Hauses zählen zahlreiche Handschriften und Fragmente, rund 360 Handschriften stammen aus dem Mittelalter, sowie etwa 845 Inkunablen. Die Sammlung umfasst zudem Autografen und Handschriften aus der Neuzeit von Urkunden bis hin zu Kochbüchern.
Ein kleiner Teil der barocken Buchbestände aus allen Wissensgebieten – Theologie, Philosophie, Geographie, Mathematik, Naturwissenschaften, Medizin, Pharmazie, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften – ist im Festsaale der Landesbibliothek aufgestellt.
Autoren: Waltraud Faißner – Rudolf Lindpointner, 2011