Die
Krankenküche

Gesund und/oder schmackhaft?
Wird die Kochkunst mehr von medizinisch-diätetischen Absichten geprägt oder von ökonomischen Notwendigkeiten? Diätetik ist ein aus der Antike abgeleiteter Sammelbegriff für all jene Maßnahmen, die sich mit seelischer und körperlicher Beziehung sowie mit Krankheitsvorbeugung und Krankheitsheilung befassen. In den Klosterbibliotheken sind uns noch auf die Antike zurückgehende Zeugnisse überliefert, die sich mit der Rolle der Nahrung für unsere Gesundheit auseinander setzen. Einen wesentlichen Beitrag leistete das auf arabischen Traditionen basierende Tacuinum sanitatis (= tabellarische Übersicht der Gesundheit) des Arztes Abu‘l Hasan al Muhtar ibn al Hasan ibn Abdun ibn Sa‘dun ibn Botlan (+1064).

Hinter vielen Vorstellungen steht der uralte Glaube an die „Signaturen“ der Pflanzenwelt, demzufolge die Heilkräuter dem aufmerksamen Beobachter durch ihre Formen selbst zeigen, wofür oder wogegen sie angewendet werden können, etwa die Zaunrübe (Bryonie) gegen Wassersucht, weil sie das Aussehen eines geschwollenen menschlichen Beins besitzt.

Krankenküche – oder wie Nahrung zur Medizin werden soll
Viele Krankheiten kündigen sich durch Appetitlosigkeit an und machen zumeist eine temporäre Umstellung in den Ernährungsgewohnheiten notwendig. Diesem Umstand trug schon der hl. Benedikt in seiner Ordensregel Rechnung, indem er für Kranke Ausnahmen von den strengen Essensregeln vorsah. Schon seit dem 16. Jahrhundert gingen Spezialkochbücher mit eigener Krankenkost in Druck, wobei die Ordnungsprinzipien dieser Kochbücher unterschiedlich ausfielen: Entweder reihte man die Rezepte nach Krankheitsgebieten oder entschied sich für einzelne Zutatengruppen, wie etwa spezielle Heilkräuter.

Wie jedes Stift hatte auch Schlägl einen Kräutergarten, der sowohl für die Küche als auch für die Stiftsapotheke vonnöten war. Der Stiftsapotheker musste im Barock selbst Wurzeln graben, Kräuter anbauen, abnehmen und mischen. Neben seiner eigentlichen Aufgabe musste der Apotheker, sooft er gebraucht wurde, bei den Herren oder bei Gästen an der Tafel bedienen. Die Einkäufe für die Apotheke machte man zum größten Teil während der Linzer Märkte, und sie umfassten nicht nur Medikamente, sondern auch eine Menge Gewürze.

Über die Mandeln

Mandeln (Amygdalus) finden sich schon in den Rezepten der mittelalterlichen Küche, wobei zwischen süßen und bitteren Mandeln unterschieden wird; auch in der Krankenküche spielten sie eine bedeutende Rolle.

Mandeln (Amygdalus) finden sich schon in den Rezepten der mittelalterlichen Küche, wobei zwischen süßen und bitteren Mandeln unterschieden wird; auch in der Krankenküche spielten sie eine bedeutende Rolle.

„Die Mandeln (Mandel=Kern) als die nutzbaren Fruechte, werdten in sueße und bittere unterschieden; die süßen Mandeln sind mittelmäßig warm und feucht, nähren wohl, und lindern die scharffen Feuchtigkeiten, wie auch den Schmertz und Wachen, welche daraus entspringen ... Die bittere Mandeln sind ziemlich warm und trocken, verdünnen und öffnen, innerlich genommen, treiben den Urin, und lösen die Verstopffungen der Leber, Miltz und Mesenterii, dienen auch der Mutter; äusserlich gekäuet, und damit gewaschen, vertreiben sie die Sommersprossen, und andere Flecken, ums Haupt geschlagen, stillen sie die Schmertzen.“

(Mandel=Baum, aus: L. C. v. Hellwig: Monathliche Kräuter=Lust, Oder Neu angelegter Nutz= Und Lust=Garten ... Benebst einem sonderlichen Discurse vom Urin. 1721.

Autor: Hannes Etzlstorfer, 2007

Kulinarisches Kloster. Zwischen Festmahl und Fastenküche - Dokumentation zur Ausstellung im Stift Schlägl/Meierhof vom 25. Mai bis 30. September 2007.