Musikgeschichte der Klöster in Oberösterreich
Die Stifte stehen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts im Zentrum der oberösterreichischen Musikpflege, sie sind Impulsgeber und Drehscheibe für die regionale und überregionale Musikkultur. Musik ist über die Liturgie seit jeher wichtiger Bestandteil des klösterlichen Lebens. Die musikalischen Quellen reichen bis in die Frühzeit der Klostergründungen zurück.
Musik und Prachtentfaltung
Im Verlauf des 16. Jahrhunderts trat die Musik aber aus ihrem ursprünglichen, religiösen, Wirkungsfeld heraus. Angeregt durch den wirtschaftlichen Aufschwung wurde sie gegen Ende des 17. Jahrhunderts fester und instrumentalisierter Bestandteil der Rekreation, Unterhaltung und Repräsentation.
Die Barockprälaten drängten nach standesgemäßer Darstellung und orientierten sich an den weltlichen Fürstenhöfen. Vorbild waren die Höfe in Wien und München, aber auch die bischöftlichen Residenzen in Salzburg und Passau. Die enge Verbindung und die Effizienz der kaiserlichen Ideologievermittlung führten zu einer raschen Übernahme der aristokratischen Kunstvorstellungen und der darin transportierten Leitbilder. Im geistlichen Bereich glänzten groß angelegte Festmessen und Vertonungen des Te Deums, im weltlichen Umfeld wurden aufwändig gestaltete Bühnen- und Huldigungsvertonungen in den eigens errichteten Theatersälen dargeboten. Die Festtage waren von Tafelmusiken, Freiluftdarbietungen und den Aufzügen der Trompeter und Pauker begleitet. Im privaten Zirkel der Kleriker dominierte die Kammermusik.
Zeitgenössisches Repertoire
Den hohen Stellenwert der Musik dokumentieren die Ausgaben für Musiker, Notenmaterial und Instrumente. Die Ensembles musizierten auf hohem Niveau, wobei die Personalstände im Barock stark ausgebaut wurden. Die Mitwirkenden rekrutierten sich dabei aus den seit den Gründungstagen in den Klosterschulen ausgebildeten Sängerknaben und mehreren hauptberuflichen Sängern und Instrumentalisten. Auf dem Programm standen die Kompositionen der zeitgenössischen Musikerpersönlichkeiten. Zu vielen Komponisten bestand persönlicher Kontakt, wovon zahlreiche Auftrags- und Widmungskompositionen Zeugnis geben. Ein bedeutender Teil des Aufführungsmaterials stammte aber auch von klostereigenen Komponisten, allen voran den Regens chori.
Orientierung am Bürgertum
Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts führte eine Reihe staatlicher Restriktionen zum kulturellen Niedergang der Stifte. Der Höhepunkt war mit den Klosteraufhebungspatenten Kaiser Josephs II. aus dem Jahr 1782 erreicht. Ein Teil der Klöster wurde aufgehoben, unter ihnen die musikalisch bedeutsamen Stifte Garsten und Spital am Pyhrn. Die weiterhin existierenden Institutionen verloren entscheidende finanzielle und personelle Ressourcen.
Mit dem Verlust an eigenem Potential orientierten sich die Klöster an den Initiativen des aufwärtsstrebenden Bürgertums. Anhaltspunkte boten die Aktivitäten in den umliegenden Städten. Die Klöster öffneten ihre Prunkräume und stellten sie für öffentlich zugängliche Veranstaltungen zur Verfügung. Die Spielpläne dieser Zeit dokumentieren eine Vorliebe für Lieder, Kammermusik, Opern- und Singspielauszüge. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts erfreuten sich Walzer, Ländler und Couplets großer Beliebtheit; den Stoff lieferten das Theater in Linz und die Wiener Vorstadtbühnen.
Neuer Aufschwung nach 1950
Einen neuerlichen Einbruch markierten die Wirren des Ersten Weltkrieges. Wirtschaftliche Krisen und geänderte klösterliche Wertvorstellung leiteten in eine neue Richtung und beschränkten die musikalischen Aktivitäten auf die Interessen einiger weniger Kleriker. Eine Änderung zeichnete sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ab. Die oberösterreichischen Stifte blickten und blicken wieder auf einige namhafte Komponisten und treten über ihre historischen Aufführungsräumlichkeiten erneut in das Blickfeld von musikalischen Veranstaltungen.
Autor: Andreas Lindner, 2008