Oö. Blasmusikverband

Oberösterreichischer Blasmusikverband


Anfänge des Blasmusikwesens
Die Wurzeln des Blasmusikwesens reichen weit in die Vergangenheit zurück. Als Vorläufer früherer Jahrhunderte gelten die Thurnermusiken (auch: Thurner, Türmer) in der Renaissance, Posaunenchöre und die Trompeter- und Harmoniemusikensembles verschiedener geistlicher sowie weltlicher Institutionen.

Von zentraler Bedeutung ist die Militärmusik. Hier sind die Anfänge in Oberösterreich bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges nachweisbar. Ende des 18. Jahrhunderts lagen in den Garnisonsstädten Linz, Wels und Enns bereits Regimenter mit bedeutenden Ensembles. Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte wurde die Militärmusik zu einem wichtigen staatlichen und militärischen Repräsentationsinstrument aufgewertet. Paraden und öffentliche Konzerte bereicherten das Musikleben in den Städten der gesamten Monarchie.

Ab den Dreißigerjahren des 19. Jahrhunderts zählten die Darbietungen der Regimentskapellen im Linzer Volksgarten dann zu den beliebtesten Unterhaltungsangeboten der Bevölkerung. Viele der abgerüsteten Militärmusiker gründeten in ihren Heimatorten auch eigene Blasmusikkapellen. Organisation, Repertoire und auch ausgeschiedene Instrumente wurden vom militärischen Vorbild übernommen.

In Anlehnung an die Regimenter verfügten auch die Bürgergarden der oberösterreichischen Städte seit Jahrhunderten über eigene Musikensembles. Zahlreiche dieser Korpskapellen wurden später in Blasmusikkapellen umgestaltet.

Neue Entwicklungen im 19. Jahrhundert
Der Grundstein für das moderne Blasmusikwesen wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelegt. Zum einen schafften die instrumententechnischen Neuerungen – allen voran die Entwicklung der Ventile und daraus resultierend der Bau der Bügelhornfamilie – die Voraussetzungen für gemischte Besetzungen mit den erforderlichen klanglichen Facetten. Zum Zweiten führten die Ereignisse des Revolutionsjahres 1848 zu einer Neuregelung des Versammlungsgesetzes. Obwohl bereits Kaiser Franz II. im Jahr 1827 „Musizieren zu einer freien und jedermann unverwehrten Sache“ erklärt hatte, ermöglichte erst das Vereinsgesetz vom 26. November 1852 die Konstituierung eigenständiger Blasmusikvereinigungen. Damit war die organisierte, private Musikausübung nicht länger auf fremde Trägerorganisationen, wie beispielsweise Feuer- oder Bürgerwehren, angewiesen.

In der Folge wurde innerhalb der nächsten Jahrzehnte der Großteil der heute noch existierenden Musikkapellen Oberösterreichs gegründet. Im Gegensatz zu den im gesellschaftlichen Leben des Bürger- und Beamtentums verankerten Gesangsvereinen rekrutieren sich die Mitglieder der Blasmusikvereine primär aus der arbeitenden Mittelschicht. Als Kapellmeister standen neben ehemaligen Militärmusikern die örtlichen Schulmeister, Organisten oder auch Kapläne zur Verfügung.

Die Gründung eines Vereines ist an die behördliche Genehmigung entsprechender Statuten gebunden. Zum Gegenstand erklärten die Satzungen der frühen Kapellen im Allgemeinen die „Pflege der Instrumentalmusik, beziehungsweise […] Heranbildung von jungen Kräften dazu“. Von Beginn an wurde in der Regel – so wie heute – zwischen ausübendem, unterstützendem und Ehrenmitglied unterschieden. Die Pflicht des aktiven Musikers bestand im Besuch der wöchentlichen Proben sowie in der Teilnahme an Ausrückungen. Die Instrumente waren mit wenigen Ausnahmen Eigentum des Vereines. Die künstlerische Leitung lag in den Händen des Kapellmeisters und dessen Stellvertreters, für organisatorische Entscheidungen sieht das Vereinsgesetz einen Ausschuss vor.
Innerhalb kurzer Zeit etablierten sich die Blasmusikkapellen als fester Bestandteil des kirchlichen, kommunalen und gesellschaftlichen Lebens. Künstlerischer Mittelpunkt waren die regelmäßig veranstalteten Konzerte.

Erste Interessenverbände
Die hohe Popularität der zivilen Blasmusik führte bald zur Gründung übergeordneter Interessensverbände. Im Jahr 1928 setzte Eduard Munninger, Lehrer aus Lambrechten, erste Initiativen und bewarb die Organisation eines Dachverbandes. Bereits am 28. April 1929 fand in Linz die erste Bundestagung mit Beschlussfassung der Verbandsatzungen statt. Als Funktionäre werden gewählt: Eduard Munninger (Obmann), Karl Moser (Obmannstellvertreter) und Karl Stark (Landesmusikmeister). Bis heute sind die Funktionäre des Blasmusikverbandes ehrenamtlich tätig.

Erste Ziele waren die Fortsetzung der von Munninger gegründeten Oberösterreichischen Musikzeitung, die Einführung eines Mitgliedsbeitrages, die Umsetzung eines „Wanderlehrer- Systems“ bzw. einer Kapellmeisterschule sowie die Bewertung von musikalischen Neuerscheinungen. Im Herbst desselben Jahres lud der Verband zum ersten Landes-Preisspiel nach Ried, im Mai 1930 folgten 54 Kapellen dem Ruf zum Landesmusikfest. Um die Hebung des künstlerischen Niveaus bemüht, organisierte Munninger im Jänner 1934 den ersten österreichweiten Kapellmeisterkurs. Mit dem „Anschluss“ wurde der Dachverband allerdings aufgehoben.

Wiederaufbau nach 1945
Der Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg war von beeindruckender Euphorie begleitet. Obwohl die Reihen der Musiker stark gelichtet und das Instrumentarium in schlechtem Zustand oder überhaupt nicht mehr vorhanden war, wurde bereits Ende der Vierzigerjahre wieder zum ersten Bezirksfest geladen.

Am 12. Juni 1948 fand in Linz die Sitzung zur Gründung des Bundes der Blasmusikkapellen Oberösterreichs statt, wobei man sich die Initiativen der Zwischenkriegszeit zum Vorbild nahm. Die Statuten wurden am 6. August 1948, dem offiziellen Gründungsdatum des Verbandes, behördlich genehmigt. Maßgebliche Kraft war Karl Moser. Den Vorstand bildeten Hans Scheichl (1885–1951) als Obmann, Albert Weinschenk (1890–1976) als Obmann-Stellvertreter, Landeskapellmeister Johann Holzinger (1882–1959), Schriftführer und Kassier Sepp Enzelsberger sowie Karl Moser als Pressereferent. (Nach dem Tod von Hans Scheichl ging die Obmannstelle 1952 an Albert Weinschenk, nach ihm im Jahr 1970 an Sepp Achleitner, geb. 1915.)

Bereits 1950 zählte der Verband 177 Mitgliedskapellen. Neben den eigenen Aufgaben bemühte sich die Landesleitung um den Aufbau einer bundesweiten Interessensvertretung. Das Ziel wird 1959 mit der Gründung des Österreichischen Blasmusikverbandes erreicht.

Die Landesleitung setzte als vordringliche Aufgaben den Aufbau der Bezirksverbände, die Einrichtung von Kapellmeisterkursen und – zur finanziellen Aufbesserung – die Institutionalisierung des Tages der Blasmusik um. Ein wichtiger Schritt zur Hebung des musikalischen Niveaus wurde mit der Abhaltung der seit 1952 jährlich stattfindenden Wertungsspiele getan. Zudem schrieb der Verband in Zusammenarbeit mit der Oberösterreichischen Landesregierung im Jahr 1953 zum ersten Mal einen Kompositionswettbewerb aus.

1958, im Jahr des 10-jährigen Bestandsfestes, übernahm Militärkapellmeister Rudolf Zeman (1918–1999) die Position des Landeskapellmeisters; er wurde in der Folge zur zentralen Persönlichkeit des Verbandes. Im Bemühen um die Förderung des Musikernachwuchses wurde im Juli 1963 in Gmunden das erste Jungbläserseminar abgehalten. Mit der Wahl eines Jugendreferenten wurde auch die Förderung des Nachwuchses in geordnete Bahnen gelenkt. Einzigartige Möglichkeiten für die Blasmusik eröffneten sich schließlich mit der Verabschiedung des Oberösterreichischen Landesmusikschulgesetztes im Jahr 1977. Die Regelung sorgte für einen flächendeckenden und erschwinglichen Musikunterricht auf hohem Niveau. An die Stelle der vielfach noch mit der Ausbildung betrauten Kapellmeister traten entsprechend ausgebildete Musiklehrer.

OÖ Blasmusikverband heute
Der oberösterreichische Blasmusikverband besteht heute aus mehr als 480 Kapellen mit insgesamt annähernd 23.000 Musikern. Der Vorstand wird angeführt von Präsident (Obmann) Josef Lemmerer, Vizepräsident Hubert Igelsböck und Hubert Mayr-Zaininger, von Landeskapellmeister Walter Rescheneder sowie den Kapellmeister-Stellvertretern Harald Haselmayr und Klaus Rappl. Im Mittelpunkt des Bemühens stehen „die Pflege der Blasmusik und der österreichischen Blasmusiktradition“ durch die fachliche Förderung und Vertretung der Mitglieder, die Unterstützung oberösterreichischer Komponisten, die verstärkte Aufführung zeitgenössischer Werke sowie die Organisation zielführender Veranstaltungen und die vermehrte grenzübergreifende Zusammenarbeit.

Autor: Andreas Lindner, 2008