Frühes Christentum

Musik zur Zeit des frühen Christentums in Oberösterreich

In der späten Antike entwickelte auf der Grundlage des römischen Musiklebens das frühe Christentum kirchliche Hymnen und Gesänge, während manche Kirchenlehrer (Caesarius von Arles, Sermones, 303, 3) immer wieder gegen die „cantica diabolica, turpia et amatoria“ („teuflischen, schändlichen und geilen Gesänge“) der Heiden Sturm liefen.

Vita Sancti Severini
Eine kostbare historische Quelle, was Musik, in erster Linie Gesang anbelangt, stellt die von Eugippius 511 n. Chr. verfasste Biografie des heiligen Severin (Vita Sancti Severini) dar, die von den trostlosen Zeiten des Unterganges der römischen Zivilisation an der Donau im 5. Jahrhundert n. Chr. erzählt. In der Lebensbeschreibung dieses Heiligen, der in den harten Zeiten zwischen 453 und 482 n. Chr. die geistige und wirtschaftspolitische Führung im Donauraum zwischen Passau und Mautern innehatte, Wunder wirkte und karitativ tätig war, hören wir viel von frommen Gesängen:

Kapitel XI, 3 Ganz selbstverständlich übliche Psalmengesänge
Kapitel XVI, 1 Psalmengesänge bei der Totenwache
Kapitel XXX, 3 und
XXXVIII, 1
Psalmengesang bei Beginn der Nacht
Kapitel XLIII, 8 Der heilige Severin singt noch selbst einen Psalm, während er stirbt.
Kapitel XLIII, 5 Abendliche Psalmodie im Jahre 488 n. Chr., bevor die Grabstätte des Heiligen geöffnet wurde, damit die nach Italien abziehenden Romanen diese ihnen heiligste Reliquie mitnehmen konnten.

> Das Leben des hl. Severin von Noricum

Psalmen und Hymnen
Vielfach wurde Gesang auch zu heilenden Zwecken angewandt. So erzählt Ammianus Marcellinus (Rerum gestarum XXIX, 26), dass in Trient ein gewisser Festinus, ein hochgestellter Mann, wohl aus Angst vor Hexerei eine alte Frau ermorden ließ, nachdem sie seine Tochter durch „sanften Gesang“ („leni carmine“) von schwerer Krankheit geheilt hatte. Unter den frühen christlichen Heiligen werden oft cantores (Sänger) genannt, z. B. der hl. Sisinnius, „Lector et cantor“ (als Märtyrer im Nonstal, Trentino gestorben 397 n. Chr.) oder ein gewisser Laurentius, der sich im Fußbodenmosaik der frühchristlichen Kirche am Doss Trento (Trient) als „cantor Laurentius“ verewigte (6. Jh. n. Chr.). Psalmen, Hymnen und geistliche Gesänge spielten jedenfalls schon früh eine wichtige Rolle.

Autorin: Elisabeth Walde, 2008