Schmuggler

Schmuggel war seit jeher ein einträglicher Nebenerwerb der Grenzbewohner. Sind es in unseren Tagen Zigaretten und Alkohol, die kofferraumweise über die Grenze gelangen, so waren es in früheren Zeiten Salz und Baumwollgarn, Tabak und Spielkarten, Kaffee und Zucker, Saccharin und Alkohol, Bata-Schuhe und ganze Viehherden, deren Schmuggel an der bayerisch-österreichischen oder böhmisch-österreichischen Grenze zu einem gefährlichen Geschäft wurde. Das bayerische Salz war um ein Vielfaches billiger als das österreichische, Eier und Butterschmalz hingegen wurden hinüber verkauft, Margarine wiederum herüber. Industrieprodukte gab es in Böhmen billig. Geschmuggelt wurden und werden einst wie heute auch verbotene Bücher und religiöse Schriften, Waffen und Drogen. Auch der Menschenschmuggel ist kein neues Phänomen unserer Zeit.

Die große Zeit des Schmuggels war die frühe Neuzeit: Solange es im Landesinneren von Mautstellen und Steuerlinien nur so wimmelte, boten sich so viele Möglichkeiten, dass fast jeder Holzknecht und Stallbursche zum Schmuggler werden konnte: Man schmuggelte Salz, Tabak oder Kaffee über steile Gebirgsjöcher von einem Tal ins andere, Geflügel, Butter oder Bier an den Verzehrungssteuerlinien hindurch in die Städte und alle möglichen Produkte an den vielen Straßen- und Wassermauten vorbei. Im 18. Jahrhundert wurden die Landesgrenzen immer mehr mit den Zollgrenzen ident. Aber erst 1920 fielen die letzten Steuerlinien um die Städte herum.

Die Schmuggler waren zu allen Zeiten erfinderisch: Schweizer Saccharin wurde um 1900 in Wachskerzen eingegossen und aus Maria Einsiedeln nach Österreich geschmuggelt. Junge Ferkel, mit Schnaps betäubt, wurden in Heuwagen versteckt über die bayerische Grenze gebracht. Ganze Rinderherden und Pferde, denen die Hufe zur Schalldämmung mit Stofffetzen eingebunden wurden, sollen in Nacht- und Nebelaktionen über die Grenze geschwärzt worden sein. Man arbeitete mit schlauen Tricks und mit roher Gewalt.

Die schweren Gefechte, die sich an der bayerisch-österreichischen Grenze einst zwischen Zöllnern und Schmugglern abspielten, sind heute noch Gegenstand von Mühlviertler Volkssagen. Die Schwärzer, benannt nach der schwarzen Farbe, die sie sich ins Gesicht schmierten, um sich unkenntlich zu machen, suchten die Dunkelheit der Wälder und fanden in abgelegenen Häusern im bayerisch-böhmisch-österreichischen Dreiländereck, in Lackenhäuser, Nebelberg und Oberschwarzenberg Unterschlupf.

Solch organisierter Schmuggel in Banden erforderte ein Netz von Kontakten: Bandenführer, Träger, Hausierer, Schleichhändler, Hintermänner und Sympathisanten wirkten zusammen. Auch einige Kaufleute brachten es durch den Vertrieb des Schmuggelguts zu erheblichem Reichtum, etwa Matthias Rosenberger (1775–1848), der Erbauer des Rosenbergergutes in Lackenhäuser. Die Moritaten der Bänkelsänger erzählen von den wilden Verfolgungsjagden, hochnotpeinlichen Razzien, tödlichen Schüssen und hinterhältigen Messerstichen:

In niedrer Hütte schlecht und klein,
Beim Fackellicht der Späne,
Umringt von nackten Kinderlein
Saß Raymund und die Lene
[...]
Doch plötzlich kracht Musketen Knall
Dem Schmugglervolk entgegen.
„Ergebet Euch!“ so ruft es her –
doch nein, – man greift zur Gegenwehr
[...]
(Gemeinnütziges Unterhaltungs-Blatt Passavia, 1830)

Kurzfassung (2007) aus: Sandgruber/Katzinger/Pisecky/Kerschbaummayr: Der Handel in Oberösterreich. Tradition und Zukunft. Linz 2002.