Der Warenverkehr auf den Burgmärkten des 10., 11. und 12. Jahrhunderts war in erster Linie von auswärtigen Kaufleuten getragen. Dass im 9. und 10. Jahrhundert die Juden dabei eine wichtige Stellung einnahmen, geht aus verschiedenen Quellen hervor. Die zwischen 904 und 906 abgefaßte Raffelstettener Zollordnung spricht von „Juden und sonstigen Händlern“ („Iudei et ceteri mercatores“). Deutlich ist die Bedeutung jüdischer Fernhändler an einer Reihe von Judensiedlungen zu erkennen, die sich in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen an vielen wichtigen, den Ostalpenraum und das österreichische Alpenvorland durchquerenden Straßen ortsnamenkundlich nachweisen lassen, in der Nähe sowohl von Steyr, Friesach und Karnburg-Maria Saal wie auch von Graz, Neumarkt und Leoben, und die sich am ehesten als den Juden reservierte Karawansereien und Quartiere außerhalb der Städte deuten lassen.
Im 9. und 10. Jahrhundert trieben Juden einen weltumspannenden Handel zwischen China und dem Ärmelkanal. Wichtige von ihnen benutzte Handelsrouten verliefen entlang der Donau bzw. vom Donautal aus in die nördlich und nordöstlich gelegenen, slawisch besiedelten Länder und vom Donauraum nach Italien und in die arabische Welt bis Spanien.
Der Sklavenhandel, von dem in der Raffelstettener Zollordnung wiederholt die Rede ist, war im Frankenreich den Juden überlassen und wurde von diesen dominiert. Sklaven aus dem slawischen Raum wurden über die Alpenrouten nach Venedig und von dort weiter in den arabisch-nordafrikanisch-spanischen Bereich verkauft. Für weibliche Sklaven war entsprechend der Raffelstettener Zollordnung deutlich mehr Zoll zu bezahlen als für männliche. Im Verlauf des 10. Jahrhunderts verloren die östlichen Alpenpässe als Sklavenrouten zunehmend an Bedeutung. Der Nachschub war versiegt. Die neuen Sklavenrouten im ausgehenden 10. und frühen 11. Jahrhundert verliefen viel weiter westlich, aus dem sächsischen Raum, wo sich die Kolonisation immer mehr in den slawisch besiedelten Bereich hineinschob, über das Rheinland nach Südfrankreich. Die Judenansiedlungen häuften sich nun entlang dieser Route.
Unter den gehandelten Waren erscheinen in der Raffelstettener Zollordnung neben Sklaven vor allem Salz, Wein, Pferde, Rinder, Häute und Pelze, Honig und Wachs, Textilien und Luxusgüter des Südens und Orients.
Salz, Sklaven und Pferde wurden gesondert genannt, alle übrigen Waren unter „ceteri et alii rei“ („übrige und andere Sachen“) subsumiert. Nur das aus dem Norden kommende Wachs, für den liturgischen Gebrauch (Kerzen) ebenso wichtig wie für den Haushalt, wurde noch begrifflich festgehalten.
Kurzfassung (2007) aus: Sandgruber/Katzinger/Pisecky/Kerschbaummayr: Der Handel in Oberösterreich. Tradition und Zukunft. Linz 2002.