"Arisierung"

Enteignung jüdischer Geschäfte

Es kursierten schon 1936 illegale Flugblätter mit gefälschtem Impressum, die in wüster Sprache zum Boykott der jüdischen Geschäfte aufriefen. Im zweiten Halbjahr 1937 startete der nationalsozialistische, illegal in Linz hergestellte „Österreichische Beobachter“ einen „Judenboykott“ und „Weihnachtsboykott“. Listen jüdischer Geschäftsleute in Oberösterreich wurden angelegt und veröffentlicht. Prominente Kunden jüdischer Geschäfte versuchte man mit der Kundmachung ihrer Namen unter Druck zu setzen. Kraus & Schober, das größte und modernste Linzer Warenhaus wurde systematisch als „grauslicher“ Ramschladen verunglimpft.

Schon am Tag des Einmarsches der deutschen Wehrmacht begann die Enteignung der jüdischen Geschäftswelt, vor allem der großen Warenhäuser und sonstigen Kaufhäuser in jüdischer Hand. Bereits am 14. März 1938 wurde Kraus & Schober von den Angestellten übernommen und die Verhaftung der jüdischen Geschäftsleitung verkündet. Am 15. März 1938 fanden die Kunden folgende Kundmachung vor:
„Wir geben bekannt, dass die Juden aus der Firma Kraus und Schober, Linz entfernt worden sind und der Betrieb nunmehr in eine nationalsozialistische Arbeitsgemeinschaft überführt worden ist. Der Betrieb wird in vollem Umfange weitergeführt und ersuchen wir unsere P.T. Kunden um Ihre Unterstützung. Heil Hitler! Der kommissarische Leiter: Karl Franz.“

Auch das Warenhaus Hekler & Zimmermann wurde von den Angestellten übernommen, am 16. September 1939 aber gesperrt und der Gewerbeschein eingezogen.

Neben den Waren- und Kaufhäusern Kraus & Schober (Ecke Hauptplatz/Domgasse) und Hekler & Zimmermann waren in Linz noch der „Zuckerl-Schwager“, das Kleiderhaus zum Matrosen, das Kleiderhaus Erna, das Kaufhaus Eibuschitz, die beiden Schuhhäuser Forum und Zetto, die Papiergroßhandlung Adolf Pick, das Handelshaus Epstein & Schneider und das Lederwarengeschäft Karl Bruder betroffen. Außerhalb von Linz gab es nur einzelne kleinere jüdische Geschäfte in Steyr, Wels, Ried und einigen kleineren Orten.

Für die Ereignisse während der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, die so genannte „Reichskristallnacht“, konnte der SD-Bericht für Oberdonau (Oberösterreich) jedenfalls bereits trocken festhalten:
„Zu Plünderungen jüdischer Geschäfte ist es nicht mehr gekommen, da in der Stadt Linz keine Geschäfte dieser Art mehr bestehen.

 

Autor: Roman Sandgruber, 2007