Handelshäuser

Linz war um 1850 mit zahlreichen Problemen konfrontiert: die Bedeutung als Handels- und Messestadt hatte sie längst eingebüßt. Die Linzer Märkte, die Linz über Jahrhunderte hinweg zu Wohlstand und Ansehen verholfen hatten, waren bedeutungslos geworden und wurden ab 1857 von ihrem angestammten Platz am Hauptplatz abgesiedelt. 1847 fand in Linz erstmals eine Gewerbevereinsausstellung statt. Ab 1858 wurde versucht, die Tradition der Linzer Messen, die bis ins Mittelalter zurückreicht und Linz bis ins 17. Jahrhundert zweimal im Jahr zum Wirtschaftszentrum im nordöstlichen Mitteleuropa gemacht hatte, mit den Linzer Volksfesten wieder zu beleben. Bis 1895 wurden diese in einem zweijährigen Rhythmus alternierend mit Wels und dann noch von 1903 bis 1913 von Linz allein auf dem Südbahnhofgelände veranstaltet und fortgeführt.

Am 17. März 1858 erstrahlte Linz erstmals im Schein von Gaslaternen, die vom neu errichteten Gaswerk an der Ecke Museum- und Honauerstraße gespeist wurden. 1858/60 erhielt die Stadt mit der Eröffnung der Westbahn auch endlich Anschluss an das moderne Eisenbahnnetz und eine Eisenbahnverbindung nach Wien und Salzburg, nachdem Linz bereits seit 1832 eine der ältesten und gleichzeitig die längste Pferdeeisenbahnstrecke auf dem europäischen Festland aufweisen konnte.

Bereits 1837 war die Dampfschifffahrt zwischen Wien und Linz von der DDSG (Donaudampfschiffahrtsgesellschaft) aufgenommen worden. Im selben Jahr begann zwischen Regensburg und Linz die 1836 gegründete Bayerisch-württembergische Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft mit einem fahrplanmäßigen Betrieb. Die hölzerne Linzer Donaubrücke machte es aber bis zum Neubau einer eisernen Brücke vorerst unmöglich, dass Dampfschiffe zwischen Passau und Wien durchgehend verkehrten. Trotz Dampfkraft blieb der Schiffahrtsverkehr auf der Donau vorläufig bescheiden. Im Greiner Strudel brauchten Dampfschiffe für die Bergfahrt noch lange einen Pferdevorspann.

Der Pferdebahnbetrieb zwischen Linz und Budweis hingegen wurde bis zum Jahre 1872, als der Verkehr auf der zwischen 1869 und 1872 erbauten Bahnlinie Budweis–St. Valentin aufgenommen wurde, aufrecht erhalten.

Sieben Persönlichkeiten spielten im Linzer Handels- und Wirtschaftsleben der Frühindustrialisierung eine besondere Rolle. Man nannte sie in der Presse gerne die „sieben Fugger“ zu Linz: der Textilindustrielle Josef Dierzer, geadelt als von Traunthal, der Handelsmann und Industrielle Anton Georg Pummerer, der auch zu den Gründern der Lambacher Flachsspinnerei und der Welser Ölmühle gehörte, der Fahnentuchweber Franz Honauer, der zum Gründer der „k.k. landesprivilegierten Baum- und Schafwollenfabrik Franz Honauer“ wurde, der Schiffmeister und Landesproduktenhändler Ignaz Mayer, der die Linzer Schiffswerft (1840) begründete, der Textilindustrielle Johann Grillmayr, der Sensenherr Caspar Zeitlinger und dazu noch Dr. Ignaz Karl Figuly, der erste Sekretär der neu gegründeten Handels- und Gewerbekammer. Alle, mit Ausnahme Zeitlingers, waren sie Aufsteiger, die von einfachstem Herkommen waren und durch ihre Arbeit Reichtum für sich und Wohlstand für die Region schufen. Ignaz Karl Figuly z.B. war in der Revolution aktiv, hatte schon vorher viele Jobs, und könnte als ein echter Werkstudent bezeichnet werden. 1851, mit 43 Jahren, machte er seinen Doktor.

Das 1851 konstituierte Linzer Handelsgremium zählte 1862 bereits 90 Mitglieder, mehr als die Hälfte davon Gemischtwarenhandlungen. Die bedeutendsten darunter: Baumgartner, Wimhölzel, Reininger, Hoffelner, Ehrentletzberger, Schachermayr, Kaindl. Es gab zahlreiche Buchhandlungen, besonders bekannt darunter Quirin Haslinger, von dem sich Adalbert Stifter immer wieder beliefern ließ. Der Spezereiwarenhändler Anton Georg Pummerer war der erste typische Industriekaufmann in Linz. Zu nennen sind auch der Vermischtwarenhändler Joseph Hartmayr, der Apotheker Anton Hofstätter und die Handelsdynastie der Hafferl. Johann Michael Haefferli war im 17. Jahrhundert als Strumpfwirker aus dem Kanton Graubünden in den Böhmerwald zugewandert. Schon der Sohn ging nach Linz und wandte sich dem Handel zu. Die Hafferl gründeten eine Fez-Fabrik („k.k. privilegierte orientalische Käppchenfabrik“), die im frühen 19. Jahrhundert mit bis zu 2000 Beschäftigten zeitweise der größte Arbeitgeber im Lande war. Josef Heinrich Hafferl erarbeitete sich eine führende Stellung in der oberösterreichischen Wirtschaft und Politik der 2. Jahrhunderthälfte. Franz Anton Hafferl wurde zu einem der beiden Gründer des Verkehrs- du Elektrizitätsunternehmens Stern & Hafferl. Im Geldgeschäft dominierte die Handels- und Bankiersfamilie Planck (Joseph Planck, Franz Planck, Carl von Planck), Inhaber des Handels- und Bankhauses „J. M. Scheibenpogens Eidam“, aus dem im Jahr 1869 die „Bank für Oberösterreich und Salzburg“ hervorging.
In Steyr gab es immer noch sieben Eisenhandlungen. In Wels dominierten wie in Linz die Gemischtwarenhandlungen. Auch in kleineren Städten und Märkten entwickelten sich Handelshäuser zu achtungsgebietenden Unternehmungen: Altzinger in Perg, Ammerer in Ried, Thury in Freistadt.

Die ob der ennsische Handels- und Gewerbekammer hat heute den Act ihrer Constituierung vollzogen. Nachdem sämmtliche Mitglieder der Handels- und Gewerbe-Sektion, sowie auch die Ersatzmänner derselben sich im Saale des Gemeinderathes eingefunden hatten, eröffnete des Statthalters Stellvertreter, Hr. Statthaltereirath Franz X. Kreil, die Sitzung mit einer Rede, worin er die wichtige Aufgabe der Kammer nach allen Richtungen hin beleuchtete. Er hob die Bedeutsamkeit des heutigen Tages in den Annalen der ob der ennsischen Industrie hervor, und zeigte, wie die Entwicklung der menschlichen Bildung überhaupt gleichen Schritt halte. Er wies darauf hin, wie die Regierung, in der Überzeugung, dass bloß vom Bureau aus allen Interessen des Handels und Gewerbes nicht volle Rechnung getragen werden könne, Sorge getragen habe, sich mit Männern vom Fache zu umgeben, welche vermöge ihrer unmittelbaren Vertrautheit mit den einzelnen Zweigen des Handels und der Gewerbe dazu berufen und im Stande seien, die so hochwichtigen commerciellen Interessen den Bedürfnissen der Zeit entsprechend zu fördern.
(Linzer Zeitung, Dienstag 14. Jänner)

Kurzfassung (2007) aus: Sandgruber/Katzinger/Pisecky/Kerschbaummayr: Der Handel in Oberösterreich. Tradition und Zukunft. Linz 2002.