Am 27. Mai 1950 eröffnete die Konsumgenossenschaft Linz unter dem späteren Direktor des Konsum Linz und Gremialvorsteher KR Alfred Hehenberger in der Wiener Reichsstraße 2 den ersten Selbstbedienungsladen Österreichs. „Die Skepsis war groß“, hieß es in einer Erinnerungsschrift der Konsumgenossenschaften: Im Kreis des privaten Handels war man der Meinung, dass die Mentalität der österreichischen Hausfrauen zu persönlichkeitsverbunden sei, um der Selbstbedienung eine Chance zu geben. Auch befürchtete man größere Verluste dadurch, dass Waren unberechtigterweise mitgenommen werden könnten. Die Erfahrungen der ersten Wochen waren aber so positiv, dass bereits am 27. Juli 1950 der zweite Selbstbedienungsladen in Linz, in der Ziegeleistraße 68, eröffnet wurde.
Der Marshall-Plan stimulierte die Selbstbedienungs-Idee in Europa. Daher war es kein Zufall, dass es die amerikanischen Zone war, in die die meisten Marshallplan-Mittel hinflossen und wo auch die ersten Selbstbedienungsläden Österreichs entstanden.
Die Selbstbedienung, anfangs nur zögernd aufgegriffen, machte erst ab Ende der 1950er Jahre größere Fortschritte. Während 1959 in Oberösterreich erst 180, 1960 etwa 450 und 1963 640 Selbst- oder Teilselbstbedienungsläden gezählt wurden, gab es 1966 schon über 1000 Geschäfte dieser Art, von denen etwa ein Viertel auf selbständige Kaufleute und drei Viertel auf freiwillige Zusammenschlüsse oder Ketten, einschließlich Konsumgenossenschaften entfielen.
Im Landesdurchschnitt waren 1974 bereits 13,6 % der Gemischtwarenhandlungen gänzlich und 50,9 % teilweise auf Selbstbedienung umgestellt. Lediglich 36 % der Gemischtwarenhandlungen verfügten noch über keinerlei Selbstbedienungseinrichtungen. Bei den Fachgeschäften war die Einführung der Selbstbedienung bis dahin nur in einzelnen Branchen erfolgt, so dass lediglich ein Prozent der Fachgeschäfte zur Gänze und 15,7 % der Betriebe teilweise auf Selbstbedienung umgestellt hatten. 83,3 % der Betriebe waren noch ohne jede Selbstbedienung.
Seither hat sich die SB-Idee auf fast alle Branchen ausgebreitet. Auch im Textilhandel, im Buch- und Zeitschriftenhandel, im Möbelhandel, im Eisenwarenhandel, Bau- und Heimwerkerhandel, bei Tankstellen, selbst in Restaurants, Banken und anderen Dienstleistungseinrichtungen hat die Selbstbedienungs-Idee Eingang gefunden.
Autor: Roman Sandgruber, 2007