Wolfgang IV. Jörger

Wolfgang IV. Jörger (1462 - 1524), Sohn Hilleprands I. von Schwabegg und Tollet

STANDPUNKT: "Ich bin ein geporner rittermäßiger frumber Mann, der von Jugend auf in Kaiser Friedrich und Kaiser Maximilian Diensten erwachsen."

Er gehörte dem Ritterstand an und wurde 1486, nach Abschluss seiner Knappenjahre, bei der Krönung Maximilians I. zum römischen König, mitten unter den wichtigsten österreichischen Adeligen, zum Ritter geschlagen. Als Wiener Neustadt von Matthias Corvinius belagert wurde, leistete er als Feldhauptmann erbitterten Widerstand. Hoch in der Gunst Maximilians stehend durfte er ihn auf viele Reisen begleiten. Auf einer dieser Reisen, nach Tirol, lernte er seine spätere Frau Dorothea Raming, Tochter des kaiserlichen Burghauptmannes zu Bruneck, kennen.

Er war Herr über Schloss Köppach und spätestens seit 1514, vermutlich schon seit dem Tod seines Vaters, mit Tollet belehnt. Von diesen beiden Stammsitzen aus vermehrte er seinen Besitz und fungierte auch als Bankier des geldbedürftigen Adels und des Kaisers. In zwei Jahrzehnten wurde er zu einem der größten Grundbesitzer des Landes. Er wurde zum Vertrauten Kaiser Maximilian I., dessen Kämmerer und Truchsess er war. Dies brachte ihm viele Vorteile, z. B. gewährte ihm der Kaiser die Vogtei und Lehenschaft über die ewige Messe an der St. Maximilian-Kirche in der Tolleterau. (siehe Blütezeit der Reformation)

Auch erreichte er die kirchliche Selbstständigkeit seiner Schlösser Tollet und Köppach. In den Burgkapellen durfte für immer das hl. Sakrament aufbewahrt und im Notfall seinen Untertanen gereicht werden.

Den Streit wegen der Vogteirechte über den Grieskirchner Pfarrhof gewann er noch einmal gegen die Polheimer. (siehe Blütezeit der Reformation) Über seine Untertanen legte er 1518 ein Urbar an, in 13 Ämter unterteilt.
Kaiser Maximilian war vom Herrenstand enttäuscht und machte so 1513 Wolfgang Jörger, einen Vertreter des Ritterstandes, zum Hauptmann ob der Enns, sehr zum Missvergnügen der Freiherren.

Als Maximilian 1519 starb, war Wolfgang Jörger einer der 20 Edelleute, die seinen Sarg trugen. Doch nach seinem Tod führten die Auseinandersetzungen mit dem Herrenstand (siehe Tafel) zur Absetzung Wolfgang Jörgers durch Ferdinand I.  Ferdinand bereinigte schließlich die Differenzen zwischen Herrenstand und dem Jörger, der sich nach Wien zurückgezogen hatte, und berief ihn in den neu geschaffenen Hofrat. Er hatte dort die laufenden Regierungsgeschäfte zu erledigen, starb aber schon kurze Zeit später, nämlich 1524, fern der Heimat. Er selbst hatte zwar mit Sympathie den Aufstieg des neuen Glaubens verfolgt, brach aber doch nicht ganz mit dem katholischen Glauben und wurde auch nach katholischem Ritus bestattet. Seit seiner Zeit nannten sich seine Nachfahren stolz die Jörger von Tollet.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2010

Die Jörger von Tollet und ihre Zeit. Glaube, Macht und Untergang eines protestantischen Adelsgeschlechtes - Dokumentation zur Sonderausstellung im Schloss Tollet im Zuge der OÖ. Landesausstellung 2010.