Sebastian Jörger (1528 - 1571)
STANDPUNKT: "Beschwär die Armen leydt nit, So bleibt auch got mit dier zufriedt."
Er war ein Enkel Wolfgang IV. und Dorotheas und der Vater Hans Jörgers, der das Schloss renovierte und später verlor.
Sebastian war sehr gebildet. Vermutlich hatte ihn der Tolleter Schlossprädikant als Kind unterrichtet. Es waren für seine Ausbildung auch eine Schulbibliothek und eine Schlossbibliothek in Tollet vorhanden, die im Inventar beschrieben werden. Sebastian war von schwacher Gesundheit und überstand 1563 eine schwere Krankheit.
Zu den reichen Jörgern gehörte Sebastian nicht, er musste einmal sogar ein Erbstück, eine goldene Kette, an Hilleprand Jörger, seinen Bruder, versetzen. Seine Untertanen ließ er allerdings nie unter seiner Geldknappheit leiden und war ein für diese Zeit sehr humaner Grundherr. Auch die Sprüche in seinem Urbar wie: "Nimb von Innen das dein und laß den Armen auch das sein.", zeugen von seinem Streben nach Güte, Nachsicht und Gerechtigkeit. Als Devise seines Lebens sah er den Spruch: "omnia si perdas, famam servare memento." (Wenn du auch alles verlierst, denke daran, der gute Ruf bleibt)
Er wollte den Herkunfts-Burgstall St. Georgen für seine Familie erhalten. Dieser war bis 1556 im Besitz der Jörger von Roith gewesen, als dieser Zweig des Adelsgeschlechtes ausstarb versuchte Sebastian St. Georgen für sich zu behalten, indem er es als Allod (Familienbesitz) erklärte. Anhand der Lehensbriefe bewies ihm das Hofkammerarchiv jedoch das Gegenteil. Er musste St. Georgen an den Erben der Güter der Jörger von Roith, Hans Christoph von Gera, abgeben. Den "öden Burgstall" behielt er aber vermutlich aus sentimentalen Gründen. Sein Sohn Hans erlaubte später einem Untertanen dort ein Haus zu errichten. Als Hans Christoph von Gera seine Güter dann verkaufte, mussten die Jörger endgültig auf ihren Stammsitz verzichten.
Auch Sebastian war, wie seine Vorfahren, dem protestantischen Glauben treu und verteidigte ihn, wo er nur konnte. Er hatte einen evangelischen Prädikanten, Martin Moseder, auf Tollet, der später die Lutherbriefe herausgeben sollte. Diesen Prädikanten sollte er "abschaffen", wehrte sich jedoch heftig dagegen, weil er verbrieftes Recht hätte, in Tollet Priester einzusetzen.
Er wusste aber genau, dass man damit katholische Geistliche gemeint hatte. Passau beschwerte sich 1561 über ihn beim Landeshauptmann, weil er und sein Pfleger selbst predigten und die Sakramente spendeten. Zu ihm flüchtete sich der Pfarrer von Grieskirchen, Kolman Kuenringer. Von Passau wird diesem Prediger vorgeworfen der "heilloseste Religiose" zu sein, der "das Messopfer verwerfe, voll und toll, rumorisch, ungeschickt und in allem ungehorsam sei".
Der Landeshauptmann selbst wagte allerdings nicht, "ohne besondere Gewalt dieses heillosen Mannes mächtig zu werden." Als Siegmund von Polheim ihm den Pfarrhof sperrte, fand er Aufnahme in Schloss Tollet. Er bat Erzherzog Maximilian, den späteren Kaiser, um Hilfe für sich und sein armes Weib und die Kinder. Er verschwand jedoch einige Zeit später aus Grieskirchen.
Sebastian starb 1571. Er wurde in der St. Maximilian Kapelle begraben.
Autoren: Irene und Christian Keller, 2010
Die Jörger von Tollet und ihre Zeit. Glaube, Macht und Untergang eines protestantischen Adelsgeschlechtes - Dokumentation zur Sonderausstellung im Schloss Tollet im Zuge der OÖ. Landesausstellung 2010.