Die Sage vom Diebstahl eines silbernen Löffels existiert in mehreren Versionen. Die vermutlich bekannteste stammt aus Adalbert Depinys "Oberösterreichischem Sagenbuch":
Aus: Adalbert Depiny: Oberösterreichisches Sagenbuch, 1932 |
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Ein Bauernsohn bei Tollet wurde von einem Bauernknecht beschuldigt, im Schloss Tollet einen Silberlöffel gestohlen zu haben. Er beteuerte seine Unschuld, wurde aber zum Tode verurteilt. Als letzte Bitte verlangte er, auf dem Galgen oberhalb Tollet so gehängt zu werden, dass er auf sein Elternhaus sehen könne. Dies geschah. Nach einiger Zeit heiratete der Knecht, der falsches Zeugnis abgegeben hatte. Er erhielt vom Grafen von Tollet die Erlaubnis, sich einen Baum zur Anfertigung einer Wiege nehmen zu dürfen. Als man aber den Baum fällte, fand man in einem Nest den angeblich gestohlenen Löffel. Zum Gedächtnis errichtete man an der Richtstätte eine Kreuzsäule, die noch heute steht. Im Schloss Tollet geistert es im Zimmer östlich neben der Kapelle. |
Eine andere Version verbindet die beiden Sagen und bietet mehr Information:
Aus: Oskar Schmotzer: Volkssagen aus Grieskirchen und Umgebung, 1927 |
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Von Tollet gehen allerlei Gerüchte, dass es dort in einem Zimmer neben der Kapelle spuke. Es soll sich dort einmal ein schwerer Justizirrtum ereignet haben. Zur Zeit, als noch die Bauernsöhne bei der Gutsherrschaft Dienst machen mussten, wurde ein Bauernsohn vom Angermayergute in Unterstetten beschuldigt, einen Silberlöffel gestohlen zu haben. Der Knecht beteuerte zwar seine Unschuld, wurde aber trotzdem gehängt, da ein Mitknecht wider ihn Zeugenschaft ablegte. Dieser erschlich sich die Gunst seines Herren, heiratete später und erhielt vom Grafen die Erlaubnis, sich aus dem Herrschaftswalde einen Baum zur Anfertigung einer Wiege nehmen zu dürfen. Auf diesem Baume fand sich nun ein Nest, in dem der „gestohlene“ Löffel stak. Eine Granitsäule beim Förster Flachberger erinnert an die Justifizierung des unschldig Gerichteten. Er wurde dort gehängt, weil er in seiner letzten Bitte gewünscht hatte, von dem Galgen aus sein Vaterhaus noch sehen zu können. |
Autoren: Irene und Christian Keller, 2010
Die Jörger von Tollet und ihre Zeit. Glaube, Macht und Untergang eines protestantischen Adelsgeschlechtes - Dokumentation zur Sonderausstellung im Schloss Tollet im Zuge der OÖ. Landesausstellung 2010.