Einfall des Passauer Kriegsvolkes
im Hausruckviertel 1620

Als der streng katholische Ferdinand II. die Regierung übernehmen wollte, wurde er von den protestantischen Landständen abgelehnt, sie verweigerten ihm die Erbhuldigung. Die Jörger, Starhemberger, Tschernembl und andere Adelige waren sogar bereit, mit Waffengewalt gegen Ferdinand vorzugehen, die Stände übernahmen die Regierung im Land. Siegmund von Polheim, Landeshauptmann ob der Enns, ließ das Aufgebot ergehen. Auch mit den aufständischen Böhmen schlossen sie ein "Schutz- und Trutzbündnis". Das Aufgebot der Stände befestigte die Städte, warf Schanzen am Hausruck auf, Pässe wurden besetzt. Karl Jörger übernahm die Leitung des Aufstandes im Traunviertel und besetzte den Pass Pyhrn.
Ferdinand wandte sich nun an Herzog Maximilian von Bayern um Hilfe. Dieser schickte ein Heer von 30.000 Mann unter dem Befehl General Tillys an die Grenze des Landes. Als die Verhandlungen mit den Ständen scheiterten, marschierte 1620 Passauer Kriegsvolk von Bayern her auf den Hausruck zu.

Doch nicht die aufständischen Adeligen traten dem Heer entgegen. Die Bauern des Hausruckgebietes, die solche Einfälle schon öfter erlebt und schrecklich unter Plünderungen und Zerstörungen des Kriegsvolkes gelitten hatten, rüsteten zum Widerstand. Die Grenze wurde verhackt und es kam zu heftigen Kämpfen. Schloss Starhemberg und der Markt Haag wurden von den Bauern besetzt und die katholischen Bürger zum Teil verjagt. Als die Bauern einen gefangenen bayrischen Soldaten vor den Augen der Angreifer töteten, erstürmten die Bayern voller Zorn die Verschanzungen.

In Schloss Aistersheim, das von Bauern besetzt worden war, wurde erbittert Widerstand geleistet. Als es die Bayern erstürmt hatten, wurden die aufständischen Bauern gehängt, der Pfleger des Schlosses enthauptet. Die Bauern mussten sich schließlich zurückziehen, Oberst Haßlang, ein Befehlshaber der bayrischen Truppen, ließ im Gebiet zwischen Haag und Grieskirchen unzählige Höfe, Kirchen und ganze Ortschaften niederbrennen. So waren es die Bauern, die am meisten für den Aufstand der Adeligen zu bezahlen hatten.

In Grieskirchen wurde Maximilian von einer Deputation der Stände empfangen, die die Unterwerfung anbot, wenn den Ständen ihre religiösen und politischen Freiheiten bestätigt würden. Maximilian jedoch lehnte jede Verhandlung ab.

Von da an zogen die Passauer fast ungehindert bis Linz und besiegten die Aufständischen. Diese mussten Maximilian von Bayern im Linzer Schloss huldigen. Für seine Hilfe hatte Ferdinand dem Herzog von Bayern das Land ob der Enns verpfändet. Oberösterreich blieb zwischen 1620 und 1628 in bayrischer Pfandherrschaft, gehörte also zu Bayern. Dieser Umstand sollte einer der Gründe für die Erhebung der Bauern im großen Bauernkrieg 1626 werden.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2010

Die Jörger von Tollet und ihre Zeit. Glaube, Macht und Untergang eines protestantischen Adelsgeschlechtes - Dokumentation zur Sonderausstellung im Schloss Tollet im Zuge der OÖ. Landesausstellung 2010.