Das kleine
Landgericht Tollet

Landgerichte sind Gerichtssprengel, vermutlich entstanden aus den Grafschaftsgerichten des frühen Mittelalters.

Im Mittelalter hatte Tollet nicht einmal die niedere Gerichtsbarkeit, das heißt, den Untertanen von Tollet wurde auf Schloss Starhemberg, Schloss Tegernbach/Parz oder Schloss Erlach der Prozess gemacht. Erst König Maximilian I. gewährte 1505 seinem Rat und Truchsess, Wolfgang IV. Jörger, die Gnade, seine Untertanen "für all penfall (Geldstrafen), wändl (Verwaltungsstrafen), strafen und andere Anforderung, ausgenommen was malefiz (Kapitalverbrechen) berürt", aus dem Landgericht Starhemberg zu befreien. Er erhielt auch von den Schaunbergern die Exemption (Ausgliederung) seiner Untertanen aus dem Landgericht Erlach. Dies alles betraf aber nur die niedere Gerichtsbarkeit, also alle geringen Vergehen, die durch Geldstrafen oder leichte Leibstrafen wie Pranger geahndet wurden. Die hohe Gerichtsbarkeit, also Vergehen, die mit dem Tod oder mit schweren Strafen wie Verstümmelungen bestraft wurden, verblieben einstweilen bei den Landgerichten Starhemberg, Tegernbach und Erlach.

Erst Hans Jörger erreichte um 1600, dass in Tollet ein eigenes, wenn auch sehr kleines Landgericht entstand, das sich auf einen Umkreis von 1 1/2 Stunden erstreckte.

Das Gebiet des Burgfrieds und das kleine Landgericht Tollet wurden von Hans Jörger von Tollet und von Gundaker von Polheim zu Parz und Steinhaus ausgemarcht. Dabei wurden 11 Grenzsteine aufgestellt, von denen sich nur einer, beim Steinroidergut, erhalten hat. Zum kleinen Landgericht Tollet gehörten in der Ortschaft Tollet die Häuser Nr. 3, 4, 9, 10, 11, 12, 13, die Höretsmühle/Hohetsmühle in Stein Nr. 3, das Steinroidergut in Oberwödling Nr. 11, das Königsgut Nr. 1 und das Haus im Schlögltobl Nr. 3.

Autoren: Irene und Christian Keller, 2010

Die Jörger von Tollet und ihre Zeit. Glaube, Macht und Untergang eines protestantischen Adelsgeschlechtes - Dokumentation zur Sonderausstellung im Schloss Tollet im Zuge der OÖ. Landesausstellung 2010.