Christenverfolgung

Die Christenverfolgung (er)schafft Heilige

Folter und der Tod durch Folter sind jedoch kein Phänomen der Römerzeit sondern kamen schon in früheren "zivilisierten" Kulturen vor. Meist betroffen waren Kriegsgefangene oder Sklaven, die ohne irgendwelche Gründe gefoltert werden konnten. Auch von den sogenannten "Tyrannen", den Herrschern in den griechischen Stadtstadten, sind zahlreiche Berichte über grausame Folterungen überliefert. Viele waren der Willkür der Herrschenden und Mächtigen ausgeliefert, sodass die Folter und die Tötung keinesfalls in irgend einem rechtlichen Rahmen passierte. Unter denjenigen, die von willkürlicher Folter betroffen waren, waren auch die vermeintlichen Verschwörer und Ketzer. Dabei genügte schon ein geringes Quantum Misstrauen. So wird von Kaiser Tiberius überliefert: "... er war so von Panik ergriffen, dass er jeden, dem er misstraute, folterte." Auch die Hexerei und die Zauberkunst wurden als strafwürdig erachtet, weil man der Ansicht war, sie könnten gegen den Kaiser zur Anwendung kommen. Vor der Christianisierung wurden alle Anhänger fremder Religionen als Ketzer betrachtet und dementsprechend behandelt. Man verlangte von ihnen unter Folter ihren angebeteten Gott zu verleugnen, damit die Souveränität des Kaisers bestätigt wurde, denn der Kaiserkult war ein Kriterium für die Staatstreue.  Die letzte große Christenverfolgung brach um 300 n. Chr. aus, als Diokletian (284-305), aufgehetzt von seinem Schwiegersohn und Mitkaiser Galerius, verfügte:

1. Alle Christen, besonders Bischöfe und Priester, müssen zum (Kaiser-)Opfer gezwungen werden.

2. Alle christlichen Kirchen müssen zerstört werden, alle heiligen Bücher ausgeliefert und vernichtet werden.

Tertullian (um 160-220 n. Chr. in Karthago), einer der ersten frühchristlichen Autoren, beschreibt die Situation der Märtyrer folgendermaßen: "Wenn andere Verbrecher sich "nicht schuldig" bekennen, folterst du sie, um sie geständig zu machen. Ausschließlich die Christen folterst du, um sie zum Leugnen zu bringen ..." Die Anwendung von Folter war in Rom und in den römischen Provinzen also weit verbreitet. Sie konnte sowohl das Strafmaß sein, aber auch der Verbannung oder dem Tod vorausgehen, d. h. eine Vorstufe der Strafe sein.
Die christlichen Kaiser stellten das Foltern keineswegs ein. Hier schlug dann das Pendel in die andere Richtung aus. Sie verfügten, dass jeder, der einen Priester oder einen Bischof beleidigte, bestraft werden sollte; und zwar sollten ihm beide Hände und Füße abgeschlagen werden! Ketzerei und andere Angriffe gegen die Kirche wurden mit Auspeitschen bestraft. Die Methoden und Mittel blieben auch gleich: für schwere Fälle verwendete man das flagellum. Die Riemen dieser Peitsche waren aus Ochsenleder und mit Draht verstärkt. Geringere Strafen wurden mit der scutica, einer Knute mit Riemen oder mit der ferula, einem Lederstreifen, ausgeführt.

Die legenda aurea des Dominikanermönches Jacobus de Voragine  lieferte erstmals eine Zusammenfassung der frühchristlichen Märtyrer. Er verfasste eine Sammlung von ursprünglich 182 Traktaten zu Kirchenfesten und vor allem Heiligenlegenden, Lebengeschichten Heiliger in lateinischer Sprache. Damit schuf er das populärste und am weitesten verbreiteste religiöse Volksbuch des Mittelalters. Die Schilderungen der Foltermethoden der legenda aurea sind jedoch nicht authentisch, sondern entsprangen der mittelalterlichen Vorstellungswelt des Autors. Grundtenor der legenda aurea ist somit: Die Funktion der Folter soll weniger der Abschreckung dienen, als vielmehr ein Beweis der Macht und Herrschaft sein. Erste Absicht ist es, die Abkehr vom Glauben zu erzwingen und somit ein Schuldeingeständnis zu erreichen. Durch die Standhaftigkeit der christlichen Märtyrer wurde dieses Ziel nicht erreicht, sodass die Folter in der Regel in die Todesstrafe mündete. Durch die Vernichtung des irdischen Körpers wird aber das jenseitige Heil erreicht. Die Christengemeinschaft wurde dadurch aber keineswegs geschwächt, im Gegenteil, immer mehr schlossen sich der neuen Lehre an. "Das Blut der Märtyrer wurde zum Samen neuer Christen", schrieb Tertullian.

Viele Christen kamen durch Feuer oder auch durch Schaukämpfe mit Gladiatoren oder mit wilden Tieren ums Leben. Die Folter (und somit auch die Hinrichtung) durch Verbrennen wurde bis zum Ende der Christenverfolgung praktiziert.
Die sogenannte Mailänder Vereinbarung (Edikt) vom Jahr 313 zwischen den römischen Kaisern Konstantin I., dem Kaiser des Westens, und Licinius, dem Kaiser des Ostens, gewährte allen Menschen die freie Ausübung ihrer Religion, die jeder für sich selbst wählen kann. Eine geläufige Bezeichnung für diese Vereinbarung ist auch Toleranzedikt von Mailand. 380 n. Chr. wurde das Christentum im Römischen Reich Staatsreligion.

Autor: Fritz Fellner

Schande, Folter, Hinrichtung. Rechtsprechung und Strafvollzug in Oberösterreich. Ausstellung der OÖ. Landesmuseen im Schlossmuseum Linz und Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt vom 8. Juni bis 2. November 2011.