Richtschwerter
Wurde ein Delinquent zu einer Lebensstrafe verurteilt, entschieden Geschlecht und Stand über die Art der Ausführung. Personen aus niederen Gesellschaftsschichten wurden gehängt. Adelige und Menschen von hohem Stand wurden enthauptet. Das war die leichteste und ehrenvollste Strafe. Gefesselt, kniend, oder auf einem Stuhl sitzend, erwarteten sie die Vollstreckung. Der Schlag wurde zumeist horizontal ausgeführt. Nur der kontrollierte Einsatz von Technik und Kraft – vom Henker in langer Lehrzeit durch Übung an Tieren erlernt – ermöglichte eine gezielte Enthauptung mit dem Ziel aus einem Körper zwei Stücke zu machen. Benötigte der Henker nur einen einzigen Schlag, sicherte dies den Beifall der Zuschauer. Bis 1428 durften Henker ihr Gehalt aufbessern, indem sie nach der Hinrichtung von den Zusehern Geld einsammelten.
Kraft und Geschick entschieden über den Erfolg einer Enthauptung. Gelang diese nicht beim ersten Streich, rechtfertigte der Henker sich damit, dass seine Finger vor Kälte erstarrt waren, das Richtschwert schartig war oder verzaubert worden sei oder dass der Teufel seine Hand im Spiel gehabt hatte.
Martin Aichinger, aus Luftenberg bei Linz, führte in der „Machländischen Bauernbewegung“ (1632 – 1636) die Rebellion gegen die katholische Obrigkeit im unteren Mühlviertel an.
Martin Aichinger, aus Luftenberg bei Linz, führte in der „Machländischen Bauernbewegung“ (1632 – 1636) die Rebellion gegen die katholische Obrigkeit im unteren Mühlviertel an. Das Motiv war religiös. Selbst Analphabet, war er in Zauberpraktiken bewandert und bestickte eigenhändig eine Fahne mit Buchstaben. Ihr Alphabetzauber sollte die Rebellen schützen. Auf ihren Streifzügen trugen viele weiße Kleidung, die sie geisterhaft erscheinen ließen. Nach der Entscheidungsschlacht auf dem Frankenberg am 12. Mai 1636 wurden die protestantischen Aufständischen verhaftet. Nach der Urteilsverkündung wurden alle acht Rebellen auf dem Linzer Hauptplatz hingerichtet. Die Köpfe und Leichenteile wurden schließlich in den Straßen aufgespießt und ausgestellt. Wenzel Hollar begleitete den englischen Diplomaten Graf von Arundel und hielt als Augenzeuge die Hinrichtungszene fest. Dieses Bild befindet sich in der Devonshire Collection in Chatsworth.
Autorin: Ute Streitt
Die Lebensstrafe wurde für folgende Verbrechen verhängt: (Kinds-)Mord, Totschlag, Diebstahl, Unterschlagung, Fälschung/Betrug, Raub, Notzucht, Blutschande, Bigamie, Ehebruch, Brandstiftung, Gotteslästerei, Ketzerei, Hexerei und Staatsverbrechen. Im Fall der Aufständischen rund um den Laimbauern handelte es ich um Staatsverbrechen. Obwohl es heute unverständlich scheint, unterlagen Hinrichtungen einer großen Faszination. Fast jeder Mensch, der im Mittelalter oder auch später lebte, besuchte öffentliche Hinrichtungen. Diese durchbrachen den Alltag, ähnlich wie es heute Jahrmärkte oder das Fernsehen tun.
Objektinfo:
Oberösterreich, um 1695
Maße: Gesamtlänge 97 cm, Klinge L 77,5 x B 5 cm, Parierstange B 18,5 cm
Siehe Bild rechts...
Objektinfo:
Oberösterreich, um 1695
Maße: Gesamtlänge 97 cm, Klinge L 77,5 x B 5 cm, Parierstange B 18,5 cm
Inschrift auf der Vorderseite: Mit dißen schwerdt / seindt hernach benannte / delinquenten nebm/=lich a[nno] 1695 den / 13ten Märty bey der herrschafft Tyllispurg / Siman N: Ein / Dieb 17 Jahre alt / bey der closterman/ =ser [Mondseer] Herrschafft Wiltenegg a[nno] 1699 / den 16ten Xbris [decembris]/, Ein zauber / nambens / Stophan dickher in / 19ten Jahr seines alters / und dan leztlichen / bey der Herrschafft / Steyr a[nno] 1709 / den 29ten aprilis Sebastian Stadler / ein sodomit 15/jährigen Alters / und zwar die zwey / erstere durch den / OÖ. freymann / Georgen Sünhöringer / der letztere aber / durch dessen sohn / Leopolt decapitiert / und hin gericht/ wordten.“ / Darstellung einer Rose / Darstellung des Hl. Michael mit brennendem Schwert und Waage / Darstellung der Heiligen Dreifaltigkeit / „Et verbum caro factum est / Alles was du tuest nimb wol in acht / vor allem du das Endt betracht / Vnd trau auf Gott die Gerechtigkeit lieb, / das dich der Strang hie nit betrieb.“ / Darstellung eines Galgens, auf dem eine Hinrichtung vollstreckt wird
Inschrift auf der Rückseite: Darstellung des Krucifix / Darstellung des Hl. Johannes mit Kelch / Darstellung des Hl. Georg mit Drachen / Darstellung der Hl. Familie / barocke Kartusche mit Inschrift: „Georg Sinhöringer bin ich genannt / Das Schwerdt führ ich in meiner Handt, / zu der Iustitia ich es gebrauch, davor Sich ein ieder soll hueten auch“ / Darstellung einer Enthauptungsszene.
OÖ. Landesmuseen, Inv. Nr. RA 042 (ehem. C 0715)
Spende Bernhard Benedict, Schullehrer in Ennsdorf bei Steyr, und Ottilie Brandstätter, Steyr
OÖ. Landesmuseen, © Max Eiersebner
Objektinfo:
Richtschwert von Georg Sündthöringer mit Lederscheide, OÖ. Landesmuseen, Inv. Nr. RA 335
Eisen, Messingdraht
Maße: Scheide L 87 x B 8 x T 2,5 cm, Schwert ges. L 104,7 x B 21,2 x H/T 3,5 cm
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Objektinfo:
Richtschwert von Georg Sündthöringer mit Lederscheide
Eisen, Messingdraht
Maße: Scheide L 87 x B 8 x T 2,5 cm, Schwert ges. L 104,7 x B 21,2 x H/T 3,5 cm
Vorderseite: Szene mit Hinrichtung einer knieenden Delinquentin durch Schwerthieb; Inschrift (graviert): Geörg Sündt/ Ober/ einnserischer/ Freyman
Rückseite: Szene eines Galgenbaumes mit Gehenktem: Inschrift (graviert): Georg Sündt/horinger/ ober einniseris/cher / Freyman
OÖ. Landesmuseen, Inv. Nr. RA 335, Ankauf von Familie Spannocchi, 2009
© OÖ. Landesmuseen, Ernst Grilnberger
Der Beruf des Henkers existierte seit dem 13. Jahrhundert. Georg Sindhöringer oder Sünd(t)höringer – Schreibweisen des Namens gibt es viele – entstammte einer alten Scharfrichter-Familie. Scharfrichter wurden Henker, Freimann, Nachrichter oder „Richter mit dem scharfen Schwert“ genannt. Nur eine schwere Krankheit und der Tod konnte das Dienstverhältnis beenden.
Autorin: Ute Streitt
Scharfrichter waren gesellschaftlich isoliert. Obwohl sie im Auftrag der Gesellschaft handelten, waren sie mit Schande beladen und galten als "unehrlich": Sie besaßen einen eigenen Platz im Wirtshaus, niemand durfte mit ihnen sprechen oder Geschäfte machen. Kinder aus Henkersfamilien heirateten untereinander. Gefolterte wurden aufgrund ihres - unfreiwilligen - Kontaktes zum Henker ebenfalls "unehrlich".
Das Berühren des Henkers oder Exekutors war verpönt, da man selbst "unehrlich" wurde. Aus diesem Grund zahlten Schuldner lieber, als dass sie mit einem Henker in Kontakt kamen. Henker lebten von den Lohnzahlungen, dem sogenannten "Blutgeld", und Naturalleistungen. Damit mussten sie alle Instrumenten ihres Handwerks bezahlen. Zuverdienstmöglichkeiten hatten sie als Wasenmeister oder Fallmeister, indem sie gefallene - d.h. tote - Tiere beseitigten.
Autorin: Ute Streitt
Schande, Folter, Hinrichtung. Rechtsprechung und Strafvollzug in Oberösterreich. Ausstellung der OÖ. Landesmuseen im Schlossmuseum Linz und Mühlviertler Schlossmuseum Freistadt vom 8. Juni bis 2. November 2011.