Die Anfänge
in Oberösterreich

Konstituierung des Landtages
Da sich die „deutschen Vertreter der Länder“ des späteren Österreich bereits am 22. Oktober bei einer Versammlung im Landhaus Niederösterreichs in Wien bereiterklären, beim Neuaufbau des neuen Staatswesens mitzuwirken, ist die Konstituierung des Landes bei der Versammlung am 18. November 1918 nur mehr eine Verfahrensfrage. Das Land übernimmt auch die Kompetenzen des früheren Statthalters, nachdem dieser selbst seine Funktion zurückgelegt. Der amtierende Landeshauptmann Johann Nepomuk Hauser wird wieder gewählt, dazu mit Dr. Max Mayr (Christlichsoziale), Josef Gruber (Sozialdemokraten) und Franz Langoth (Deutschnationale) drei Stellvertreter, die auch die Hauptlast der Regierung tragen, da Hauser als Klubobmann für die Parlamentsabgeordneten sehr häufig in Wien weilt. Die Landtagswahl vom 18. Mai 1919, die erste mit Wahlrecht für die Frauen, bringt ca. 52 Prozent der Stimmen für die Christlichsozialen, 27,5 Prozent für die Sozialdemokraten und 20,5 Prozent für die Deutschnationalen und liberalen Bauern.

Konsensdemokratie
In der Folge entwickelt sich im oberösterreichischen Landtag und zum Teil auch im Linzer Gemeinderat ein Klima, das – im Unterschied zu den übrigen Bundesländern – als „Konsensdemokratie“ gepriesen wird, weil trotz aller ideologischen Gegensätze der politischen Parteien zusammengearbeitet wird. Verantwortlich dafür waren die Führungspersönlichkeiten Johann Nepomuk Hauser und Dr. Josef Schlegel auf Seiten des christlichsozial dominierten Landes sowie Josef Dametz und Josef Gruber auf Seiten der sozialdemokratisch regierten Stadt.

Arbeiterräte, Soldatenräte und Volkswehr
Die größten Probleme nach dem ersten Weltkrieg sind die Nahrungsmittelversorgung und die Frage der Sicherheit, die zum Teil auch zusammenhängen. Nach dem alten Reich, aus dem sich im Oktober die Nachfolgestaaten lösen, zerfällt auch die Armee Österreich-Ungarns. Ihre Auflösung erfolgt chaotisch. Zentraler Brennpunkt wird der Linzer Bahnhof, wo es zwischen heimkehrenden und durchfahrenden Truppenteilen immer wieder zu Schießereien kommt, am 10. November sogar mit fünf Toten.
Bereits 1917 bilden sich in Betrieben von Linz Arbeiterräte und in Anlehnung an die Geschehnisse in Russland folgten bald auch Soldatenräte. Beide Gruppierungen geben sich radikal und streben im Grunde genommen nach einer Räterepublik nach bayerischem oder ungarischem Muster. So bleibt die am 4. November erfolgte Übernahme der Befehlsgewalt über alle im Land befindlichen Truppen durch die Landesregierung zunächst Makulatur. Sie erfolgt als Reaktion auf die Plünderungen vom Vortag, bei denen die Schlosskaserne, das Offizierskasino, die Artillerie- und die Wasserkaserne und verschiedene Magazine heimgesucht werden. Deshalb wird in Nachfolge der kaiserlichen Armee zusätzlich eine Volkswehr aufgestellt, die bei Plünderungen einschreiten soll.
An der Wiege der Arbeiter- und Soldatenräte steht Eduard Euller, der nach dem Tod von Josef Dametz kurzfristig (1929/30) sogar Linzer Bürgermeister wird. Im Arbeiterrat tritt Richard Strasser an seine Stelle. Sie und die Repräsentanten der regulären Regierung in Stadt und Land vertreten sehr oft divergierende Meinungen.

Autoren: Willibald Katzinger und Jürgen Matolycz, 2009

Der Rest ist Österreich. Geschichte der Republik - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico. Museum der Stadt Linz vom 3. Februar-18. April 2010