Brand des Justizpalastes
In den 1920er Jahren bilden sich in allen politischen Lagern paramilitärische Wehrverbände wie Republikanischer Schutzbund (Sozialdemokraten), Heimwehren (Christlichsoziale) und Frontkämpferverband. Regelmäßig kommt es zu Zusammenstößen. Im Jänner 1927 werden zwei Teilnehmer einer Schutzbund-Veranstaltung im burgenländischen Schattendorf von „Frontkämpfern“ erschossen. Ein Geschworenengericht spricht in Wien die Täter frei. Tags darauf, am 15. Juli 1927, eskalieren die Proteste der Arbeiterschaft gegen das Urteil. Es kommt zu schweren Zusammenstößen. Der Justizpalast wird in Brand gesetzt, die Polizei schießt in die Menge. Die blutige Bilanz: 89 Tote und Hunderte Schwerverletzte. Diese Krise markiert einen Wendepunkt: Die Gräben zwischen den politischen Gegnern werden noch größer, die Gewaltbereitschaft steigt.
Gewalt in der Politik
Regelmäßig finden Aufmärsche und Aktivitäten der Wehrverbände statt. Der „Kampf um die Straße“ tritt an die Stelle politischer Diskussionen. Vor allem die Heimwehren erhalten nach dem Justizpalastbrand großen Zulauf. Sie sind strikt antimarxistisch, politisch vielschichtig und nicht zentral organisiert. Sie stehen den Christlichsozialen und teilweise auch den Deutschnationalen nahe. 1930 sprechen sich die Heimwehren im „Korneuburger Eid“ gegen die Demokratie und für einen Ständestaat mit Führerprinzip aus. Der Republikanische Schutzbund ist die paramilitärische, zentral geführte Organisation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. 1928 erreicht er seinen größten Einfluss. Die zunehmende Gewalt in der Politik schwächt den Staat und erregt international Aufsehen.
Autoren: Stefan Karner und Lorenz Mikoletzky, 2008 (wissenschaftliche Ausstellungsleitung)
Der Rest ist Österreich. Geschichte der Republik - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico. Museum der Stadt Linz vom 3. Februar-18. April 2010