1918–1919

Joseph Alois Schumpeter, Finanzstaatssekretär, 7. Mai 1919

„Der einzige Weg zum Heil liegt darin, daß wir uns hinauf sparen und hinauf hungern, das wird unser Schicksal noch für geraume Zeit sein.“

Zerfall des Wirtschaftsraumes
Der Zerfall der Donaumonarchie zerreißt ein weitgehend autarkes Wirtschaftsgebiet – neue Zollschranken erschweren Absatz und Importe. Die neue Republik verliert dadurch den Zugriff auf die reiche Landwirtschaft Ungarns oder die Schwerindustrie und Kohlereviere der Tschechoslowakei. Zur Versorgung kann man zunächst nur österreichische Güter gegen ausländische Nahrungsmittel und Brennstoffe tauschen (Kompensationsverträge). Notgeld kursiert im Land. Bis 1925 gelingt es mit allen Nachbarstaaten Handelsverträge abzuschließen. Besonders zur Tschechoslowakei wird eine engere Beziehung aufgebaut, während etwa das Deutsche Reich zunächst ein eher schwacher Handelspartner ist.

Erbe der Monarchie
Entgegen der zeitgenössischen Auffassung erbt die Republik Österreich durchaus einen „lebensfähigen“ Wirtschaftsraum. Im Vergleich zur Einwohnerzahl sind die Anteile an den Produktionskapazitäten der Industrie und im Dienstleistungssektor (Banken, Versicherungen etc.) groß, nur jener an den landwirtschaftlichen Nutzflächen ist klein. Trotz der Beeinflussung der Wirtschaftspolitik durch maßgebliche Wirtschaftswissenschaftler wie Joseph Alois Schumpeter dauert es sehr lange, bis sich die Wirtschaftsstrukturen Österreichs an das neue Umfeld anpassen können. Als dies 1928/29 der Fall ist, rollt bereits die Weltwirtschaftskrise über Europa hinweg.

Autoren: Stefan Karner und Lorenz Mikoletzky, 2008 (wissenschaftliche Ausstellungsleitung)

Der Rest ist Österreich. Geschichte der Republik - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico. Museum der Stadt Linz vom 3. Februar-18. April 2010