Von der Not
zum Wohlstand

1918 – Österreichs Wirtschaft ist im Tief: Hochzölle, Inflation, Entlassungen, Arbeitslose, Armut. Der Schilling stiftet 1925 als neue Währung eine erste österreichische Identität. Die Weltwirtschaftskrise zerstört den Aufschwung, jeder fünfte wird arbeitslos. Der „Anschluss“ 1938 bringt Investitionen (vor allem in Rüstung und Infrastruktur). Der Zweite Weltkrieg zerstört allerdings mehr als die NS-Wirtschaft an Infrastruktur geschaffen hat. Mit internationaler Hilfe gelingt nach 1945 der Wiederaufbau. Die Entwicklung der österreichischen Wirtschaft gilt als Erfolgsstory.

Not und Krisen
Mangelwirtschaft und Geldentwertung provozieren in den ersten Jahren der Republik Spekulationsgeschäfte, es geht wirtschaftlich weiter bergab. Regional wird „Notgeld“ in Umlauf gebracht. Die Einführung des Schillings markiert den Beginn einer konstanteren Periode, die von der Weltwirtschaftskrise jedoch abrupt beendet wird: Die wichtigsten Großbanken, vor allem die Creditanstalt, brechen zusammen, jeder vierte Österreicher wird arbeitslos. Ab 1933 versucht Hitler-Deutschland zusätzlich die österreichische Wirtschaft in die Knie zu zwingen, etwa mit der Tausend-Mark-Sperre.

Wirtschaftskrise
Die „Ständestaat“-Regierung versucht der wirtschaftlichen Krise durch eine forcierte Beschäftigungspolitik Herr zu werden: Bau der Großglockner-Hochalpenstraße, Ausbau der Pack. Trotz der Krise warten österreichische Firmen mit international beachteten Spitzenleistungen auf, darunter etwa der Kleinwagen Steyr 50 („Steyr-Baby“), der sich sehr gut verkauft.

NS-Zeit
Schon 1937 beginnt mit der Übernahme der Alpine-Montan durch deutsche Investoren der wirtschaftliche „Anschluss“. Es folgen ab 1938 die Überführung der Gold- und Devisenreserven nach Berlin, „Arisierung“ der jüdischen Vermögen und Ausbeutung der Rohstoffe. Durch den Abzug von 100.000 Facharbeitern nach Deutschland, die Wehrpflicht, den Arbeitsdienst und den Ausbau der Infrastruktur wird die Arbeitslosigkeit beendet – allerdings auch durch die Ausgrenzung und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung sowie die Verhaftung der Regimegegner. Dem Deutschen Reich finanziert Österreichs Wirtschaft ein halbes Jahr seiner „Kriegswirtschaft im Frieden“ und dient als Sprungbrett für die Expansion in den Südosten.

Der wirtschaftliche Aufschwung Österreichs unter der NS-Herrschaft erfolgt vor allem aufgrund der Vorbereitungen für den Zweiten Weltkrieg. Hinzu kommt aber noch das enorme Kapital, das aus der „Arisierung“, der Enteignung der jüdischen Bevölkerung, geschlagen wird. Als im Verlauf des Krieges immer mehr Männer an die Front geschickt werden, übernehmen Frauen deren Arbeiten in der Rüstungsindustrie und der Landwirtschaft. Die Hauptlast tragen aber Zwangsarbeiter, die auch in Österreich zu Hunderttausenden eingesetzt werden.

Wiederaufbau
Nach dem Zweiten Weltkrieg versucht Österreich 1946, wichtige Ressourcen des zerstörten Landes durch Verstaatlichung vor dem Zugriff der Siegermächte zu schützen:
• Verstaatlichung 1946 (Industrie, Verkehr und die drei großen Banken)
• Verstaatlichtung 1947 (E-Wirtschaft)

Die sowjetische Besatzungsmacht beschlagnahmt jedoch viele Betriebe als „deutsches Eigentum“ und errichtet ein eigenes Wirtschaftsimperium (USIA, Erdölfelder und DDSG) in Ostösterreich. 1955 wird dieses von Österreich zurückgekauft. Mit Hilfe des Marshallplans der USA (ab 1948) gelingt der Wiederaufbau. Die Restaurierung der Kulturdenkmäler und erfolgreiche Großprojekte werden Symbole dieses Neubeginns.

Auf dem Weg zum Wohlstand
Im Gegensatz zur Ersten Republik bietet die Sozialpartnerschaft nach 1955 die Möglichkeit wirtschafts- und sozialpolitische Fragen im Interessensausgleich zu diskutieren: Löhne, Preise, Sozialpolitik. Durch den „sozialen Frieden“ – die Streikdauer wird in Minuten und Sekunden gezählt – kann sich Österreich relativ ungestört weiterentwickeln, mit der EU-Integration als Meilenstein. Österreichische Produkte bürgen für Qualität, Nischen des Weltmarktes werden gefüllt. Heute zählt Österreich zu den reichsten Ländern der Welt. Parallel dazu muss die neue Armut bewältigt werden.

>> Mehr zum Wirtschaftswunder nach dem Zweiten Weltkrieg

Autoren: Stefan Karner und Lorenz Mikoletzky, 2008 (wissenschaftliche Ausstellungsleitung)

Der Rest ist Österreich. Geschichte der Republik - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico. Museum der Stadt Linz vom 3. Februar-18. April 2010