Zwischen Forschung
und Politik

Nobelpreisträger
Von den neun österreichischen Nobelpreisträgern aus dem Wissenschaftsbereich entstammen sieben der Forschungslandschaft der Ersten Republik oder der Monarchie. Von jenen sechs, die 1938 noch am Leben sind, haben fünf das Land verlassen. Karl Landsteiner und Wolfgang Pauli gehen bereits in den 1920er Jahren, da sie in den USA bzw. in der Schweiz bessere Arbeits- und Forschungsbedingungen vorfinden. Victor Franz Hess, Otto Loewi und Erwin Schrödinger hingegen behalten ihren Lebensmittelpunkt ganz oder teilweise in Österreich. Sie werden nach dem „Anschluss“ aus politischen oder „rassischen“ Gründen in die Emigration gezwungen. Nach 1945 kehrt mit Ausnahme Schrödingers, der in Innsbruck Gastvorlesungen hält, keiner von ihnen mehr nach Österreich zurück.

Weitere hervorragende Wissenschafter
Neben den prominenten Nobelpreisträgern wirkt im Österreich der Zwischenkriegszeit eine Vielzahl von weiteren Spitzenwissenschaftern. Auf dem Feld der Nationalökonomie und der Psychotherapie bilden sich spezifische „Wiener Schulen“. Ebenso geht eine Gruppe neopositivistischer Philosophen um den Deutschen Moritz Schlick als „Wiener Kreis“ in die Geistesgeschichte ein. Karl Popper und Ludwig Wittgenstein stehen diesem Zirkel zeitweise nahe. Unter den Naturwissenschaftern ist die Kernphysikerin Marietta Blau hervorzuheben, die kurzfristig auch am Pariser Institut Curie arbeitet. Der „Anschluss“ bringt die Zerstreuung der „Wiener Schulen“, deren führende Vertreter ins Exil gehen und nach 1945 nur in Einzelfällen zurückkehren.

Nationalsozialismus und Universität
Die radikalen NS-Positionen finden in der überwiegend deutschnational gesinnten Studentenschaft, aber auch unter den Professoren großen Anklang. Mitte der 1930er Jahre sind Nationalsozialisten unter den Studierenden bereits die stärkste Fraktion. Schlägereien und Gewalttaten gegen jüdische und katholische Studenten stehen an der Tagesordnung. 1938/39 werden etwa 400 Lehrende und über 20 Prozent der Studierenden vertrieben.

Die Entnazifizierung der Universitäten nach 1945 ist lückenhaft. Ein Symbol dafür ist Hochschulprofessor Taras Borodajkewycz: Sein offenes Bekenntnis zum Nationalsozialismus führt 1965 zu Demonstrationen, bei denen der ehemalige kommunistische Widerstandskämpfer Ernst Kirchweger zum ersten politischen Todesopfer der Zweiten Republik wird.

Autoren: Stefan Karner und Lorenz Mikoletzky, 2008 (wissenschaftliche Ausstellungsleitung)

Der Rest ist Österreich. Geschichte der Republik - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico. Museum der Stadt Linz vom 3. Februar-18. April 2010