Obwohl den Frauen ab 1919 auch das passive Wahlrecht zusteht, schaffen es insgesamt nur drei von ihnen, einen Sitz im Landtag bzw. Bundesrat zu erreichen. Es sind dies Marie Beutlmayr und Ferdinanda Flossmann für die Sozialdemokraten und Fanny Starhemberg, die Mutter des Heimwehrführers.
Im Gemeinderat von Linz sind zwischen 1919 und 1934 zwölf Frauen vertreten, im anschließenden, nicht gewählten Gemeindetag bis 1938 nur mehr eine. Die Hälfte von ihnen (sechs) gehörte der Sozialdemokratischen Partei an, zwei der Christlichsozialen Partei und die Übrigen den Großdeutschen oder der Einheitsliste.
geb. 1870, gest. 1948
geb. 1870, gest. 1948
Marie Beutelmayr ist in Neukirchen am Walde geboren und stammt aus ärmlichen Verhältnissen (Adoptivkind). Sie ist zunächst Hausgehilfin in Wien und seit 1904 in Linz. Arbeitet zuerst in der Franckfabrik, dann in der Dampfsäge. Gute Rednerin. Nach 1928 Landesvorsitzende der sozialistischen Frauenbewegung.
geb. 1888, gest. 1964
geb. 1888, gest. 1964
Die Linzerin besucht die Handelsschule und wird Postbeamtin. Sie heiratet einen Bahningenieur. Zwischen 1925 und 1931 ist sie Abgeordnete der Sozialdemokraten im Landtag und von 1930 bis 1934 im Nationalrat. Wird in der Folgezeit (Ständestaat und Nationalsozialismus) sechs Mal verhaftet (insgesamt für 17 Monate). Nach 1945 bis 1959 ist sie wieder Abgeordnete im Nationalrat.
geb. 1875, gest. 1943
geb. 1875, gest. 1943
Fanny Starhemberg stammt aus einer begüterten Adelsfamilie in Schlesien und heiratet 1898 den Erbgrafen Ernst Rüdiger von Starhemberg. Sie zieht nach Eferding und bringt vier Kinder zur Welt. Ist karitativ tätig und arbeitet seit dem Ersten Weltkrieg für das Rote Kreuz. Ab 1914 ist sie auch Präsidentin der Katholischen Frauenorganisation im Lande, die dem Katholischen Volksverein angeschlossen wird. Sie arbeitet von Anfang an in der Christlichsozialen Partei mit, wird aber nicht in den Nationalrat, sondern nur in den Bundesrat entsandt (1920-1931). Sie versucht, ihre Partei für die Wehrverbände zu öffnen, gerät aber dennoch in Konflikt mit fast allen Beteiligten. Nach 1934 übernimmt sie den Vorsitz im Frauensekretariat der vaterländischen Front. 1938 vorübergehend verhaftet, zieht sie sich anschließend auf ihre eigenen Güter in Schlesien zurück.
Frauen im Oberösterreichischen Landtag und im Linzer Gemeinderat
Name | Beruf | Funktion |
---|---|---|
Albrecht Josefine (1875–1950) | Hausfrau | Sozialdemokratisches Mitglied des Gemeinderates 1927-1934 |
Beutlmayr Marie (1870–1948) | Arbeiterin | Sozialdemokratisches Mitglied des Gemeinderates 1918-1934, Abgeordnete zum Landtag 1919-1934, Bundesrätin 1927-1929 |
Brandl Therese (1890–?) | Arbeiterin | Sozialdemokratisches Mitglied des Gemeinderates 1923-1927 |
Bruckschlögl Risa (1879–1959) | Hausfrau | Sozialdemokratisches Mitglied des Gemeinderates 1923-1932 |
Doppler Anna (1867–1947) | Lehrerin, Hausfrau | Christlichsoziales Mitglied des Gemeinderates 1919-1931 |
Hilbauer Anna (1875–1957) | Heimbetreiberin | Christlichsoziales Mitglied des Gemeinderates 1931-1934 |
Horzeyschy Käthe (1870–1946) | Hausfrau | Einheitsliste des Gemeinderates 1927-1931 |
Hudetschek Juliane (1864–1933) | Großdeutsches Mitglied des Gemeinderates 1918-1927 | |
Jandaurek Eleonore (1899–?) | Mitglied des Gemeindetages 1934-1938 | |
Nowak Therese (1866–1942) | Feinputzerei | Sozialdemokratisches Mitglied des Gemeinderates 1919-1922 |
Tlusty Auguste (1871–1953) | Lehrerin | Freiheits- und Ordnungspartei, Mitglied Gemeinderat 1919-1923 |
Tomaschek Anna (1867–1938) | Magistratsangestellte | Sozialdemokratisches Mitglied des Gemeinderates 1919 |
Wolkerstorfer Katharina (1870–1940) | Hausbesitzerin | Christlichsoziales Mitglied des Gemeinderates 1919-1926 |
Autoren: Willibald Katzinger und Jürgen Matolycz, 2009
Der Rest ist Österreich. Geschichte der Republik - Dokumentation zur Ausstellung im Nordico. Museum der Stadt Linz vom 3. Februar-18. April 2010