Amtskappel

Das Amtskappl, im Dienst, wenn die Mütze aufgesetzt wird, schlägt uns immer noch als Symbol der Allgewalt des Staates und seiner Diener entgegen, in den Schirmmützen der Briefträger, Polizisten, Schaffner, Zöllner und Militärs, als Signal für das Post-, Steuer- und Gewaltmonopol des Staates: „Zittere, du großes Österreich, vor deinen kleinen Beamten.“ Der Hut ist das Zeichen der Herrschaft. Es war das Privileg des Kaisers, vor niemandem und nirgends den Hut abnehmen zu müssen. Immer wieder gab es komplizierte zwischenstaatliche Verwicklungen, ob und wie lange der Herrscher bei der Begrüßung ausländischer Monarchen oder deren diplomatischer Vertreter, wenn diese die Kopfbedeckungen abnahmen, dies seinerseits auch zu tun habe. Den Hut abzunehmen, bedeutete Unterwerfung. Die aufgesetzten Mützen, die auch beim Gruß nicht gezogenen zu werden brauchten, kennzeichneten die Beamten als Stellvertreter des Herrschers.

Auf eine Stange gesteckt, verkündete der Hut das Machtmonopol des Herrschers. Der Hut auf der Stange, dem die gleiche Ehre wie dem Landvogt selbst geschehen und der mit gebognem Knie und mit entblößtem Haupt verehrt werden soll, ist zum herausragenden Symbol der Tyrannei und zum populären Anlass für die Freiheitsbewegung der Schweizer unter Führung Wilhelm Tells geworden. Das Herrschaftszeichen Hut war als Symbol der Tyrannei immer wieder Ziel des Unmuts: „Wir wollen die Freiheit, wir wollen das Recht,/ Nun heißt es länger nicht Herr und Knecht -/ Die Hüte, die Hüte gefallen uns schlecht!“ So geht der Text eines alten Revolutionsliedes. „Des Menschen Zierrat ist der Hut, denn wer den Hut nicht sitzen lassen darf vor Kaiser und Königen, der ist kein Mann der Freiheit“, heißt es in Friedrich Schillers Wallenstein-Drama. Dass der aus Steyr gebürtige Ex-Jesuit und Aufklärer Aloys Blumauer beim Segen anlässlich des Wien-Besuchs von Papst Pius VI. den Hut nicht abnahm, war selbst dem aufgeklärten Kaiser Joseph II. zu viel an Kirchenskepsis. Blumauers Rechtfertigung – „Ist der Segen gut, geht er durch den Hut“ – ist zum geflügelten Wort geworden. Bauern, die vor nichts und niemandem den Hut abnahmen, demonstrierten so ihren Bauernstolz. Es sind die Niederen, die Demütigen, die Armen, die barhäuptig sind: die Mönche, die Büßer und die Bettler, die den Hut in der Hand tragen. „Mit dem Hute in der Hand, kommt man durch das ganze Land ...“, ist ein immer noch passendes Sprichwort, auch wenn es fast keine Hüte mehr gibt.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 18. November 2006, 35.