Mixer

Sie zählten im Wirtschaftswunder der 1950er Jahre zu den neuen Wundermaschinen in den Küchen und zu den beliebtesten Muttertagsgeschenken. Die Rede ist von den elektrischen Mixern, die den Müttern und Hausfrauen das Leben erleichtern sollten. Sie reduzierten die mühselige, besonders von den Kindern nicht sehr geliebte Tätigkeit des Teigrührens, bei der man zusätzlich noch, wenn man beim Teigschlecken oder Herausklauben der Rosinen erwischt wurde, eins auf die Finger erhielt. Besonders vor Festtagen, wenn gebacken und gekocht wurde, was das Zeug hielt, gab es viel zu verrühren. Man musste ruhig sitzen, stoßen und kneten und dazu auch noch beten: Denn Gebete sind gute Uhren, wie aus so manchen Erinnerungen an die Kinderzeit oder beim Herumkramen in alten Kochbüchern deutlich wird: „Vier Vaterunser das Fett, drei die Eier, ein ganzer Rosenkranz für Zucker und Mehl …“

Mixer erleichterten nicht nur das Rühren und Zerkleinern, sondern erlaubten auch die Bereitung völlig neuer Mixgetränke und Kaltschalen. Aufgrund ihres relativ niedrigen Preises galten sie als Einstiegsgeräte in die Haushaltstechnisierung. Sie vermochten Modernität und Fortschrittlichkeit zu demonstrieren. Der „Multimix“ der Firma Braun, 1958/62 von Gerd A. Müller entworfen, war eine dieser Ikonen des Haushaltsgerätedesigns der Nachkriegsjahrzehnte: die klare und strenge Form sowie die weiße Farbe des Kunststoffgehäuses ließen ihn funktionell und klinisch sauber erscheinen. Auch der „Mixi“ der gleichnamigen Elektrogeräte GesmbH, Esslingen wurde als „moderne Wundermaschine“ angepriesen: „MIXI – Ihr treues und stets bereites Heinzelmännchen hilft Ihnen Kraft und Zeit sparen.“ Kochbücher „für jeden Mixer“ waren in den fünfziger Jahren ein Hit. Die Stromlieferanten übertrafen sich dabei gegenseitig in der Erfindung alles versprechender Werbesprüche: „Willst du glücklich sein im Leben, lass dir Stromgeräte geben!“ oder „Die Elektrizität ist ein Dienstbote, den sich jeder leisten kann.“ Ein anderes Motto der Elektrizitätswirtschaft lautete: „Elektrisch leben heißt besser leben!“

Die voll mechanisierte Küche ist längst Realität geworden, auch wenn die Träume der Frauen und Mütter von den vielen hilfreichen „Heinzelmännchen“, die sich an der Haushaltsarbeit beteiligen, weitgehend unerfüllt geblieben sind. Aber die elektrischen Helfer möchten wir nicht mehr missen und jeder kleine Stromausfall führt uns deutlich vor Augen, wie hilflos wir eigentlich geworden sind.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 6. Mai 2006