Punsch

Nun öffnen sie wieder auf allen möglich Plätzen, die Punschhütten, und die Polizei hat Hochsaison. Sie sollen ja einem guten Zweck dienen. Eifrig wird getrunken im Zeichen von Kinderdörfern, Hilfswerken und vielerlei mehr oder weniger wohlmeinenden Zwecken und Organisationen.

Im Punsch steckt die Fünf. Es ist das alte indoeuropäische Wort für fünf, das griechische „pente“ und indische „pantsch“, das im Deutschen „Pfingsten“ als dem 50. Tag nach Ostern und im schon ganz abgekommenen mundartlichen „Pfingstag“ für Donnerstag als dem fünften Tag der Woche noch gut erkennbar ist. Der Punsch ist eine indische Erfindung, die die Engländer als „punch“ nach Europa gebracht haben und das als Punsch eingedeutscht wurde. Das berühmte, zwischen 1732 und 1754 erschienene Zedlersche Universallexikon mit seinen 68.000 Seiten in 64 Bänden bringt das ursprüngliche Rezept: aus Branntwein, Wasser, Zucker, Pomeranzensaft und Muskatnüssen. „Hohen Muts in unsrer Mitte, steht der Punsch, der stolze Britte!“, reimte Johann Heinrich Voss, der Gymnasiasten mit seinen Homer- Übersetzungen früher manche Hilfe bereitet hat. Mit dem Punsch wortgeschichtlich verwandt ist daher auch der „Pinsch“, diese im Österreichischen Schülerdeutsch übliche Bezeichnung für den „Fünfer“, der, geht es nach der Schulreform, mit der Abschaffung der Schulnoten und des Sitzenbleibens ja das Zeitliche segnen soll.

Fünf Ingredienzien sind in den indischen „pantsch“ hineingepantscht: Rum oder Arak, Wein oder Wasser, Tee, Zucker und Zitronensaft. Ja, es ist schon richtig, auch das Pantschen ist mit dem Punsch wortgeschichtlich engstens verwandt, sprachgeschichtlich ebenso wie in der Realität der Zubereitung. Was in die diversen Punsche und Jagatees tatsächlich hineinkommt und hineingepantscht wird, wissen wir nicht wirklich. Fünf Bestandteile sind es wahrscheinlich nicht, sondern eher nur ein einziger, nämlich die im Großhandel erstandene Essenz, die mit mehr oder weniger viel Alkohol zu einem angeblich wärmenden Gebräu zusammengemixt wird. Es entsteht ein trügerisches Wärmegefühl. Der Effekt ist nach kurzem Wärmegefühl vorbei, man friert mehr als vorher. Diese angeblich wärmenden Heißgetränke sind zu nicht mehr wegzudenkenden Kultgetränken geworden: Wie viel davon ausgeschenkt wird, entzieht sich jeder statistischen Erhebung. Nur ein Problem bleibt: dass es nur mehr selten so wirklich kalte Adventtage gibt, an denen die Adventmarktbesucher tatsächlich Bedarf nach dem wärmenden Stoff haben.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 7. Dezember 2007, 34.