Kürbisse

Er ist kein echter Steirer, der steirische Ölkürbis, der Cucurbita pepo, wie er botanisch heißt. Wie die Kartoffel, der Mais, die Sonnenblume oder der Paprika war er erst nach der Entdeckung Amerikas nach Europa gekommen.
In Mittel- und Südamerika gehörten die Kürbisse zu den Grundnahrungsmitteln der Indianer. In Europa galten Kürbisse lange Zeit als „Arme-Leute-Essen“ oder wurden als Viehfutter verwendet. Inzwischen ist er auch zu einem Oberösterreicher geworden, der Kürbis: Der Kürbisboom der letzten Jahrzehnte ist geradezu spektakulär.'

In der Steiermark kam die Nutzung im 18. Jahrhundert auf. Bedeutend kann der Anbau in den ersten zwei Dritteln des 18. Jahrhunderts noch nicht gewesen sein. 1775 wurden von den Wiener Zentralstellen an die Steirische Landesregierung eine Reihe von Exemplaren der Schrift „Kurzer Unterricht vom Anbaue, und nützlichen Gebrauche der Kürbisse oder so genannten Plützer“ zur unentgeltlichen Verteilung an das Landvolk gesendet. Das scheint gewirkt zu haben. Der „Plutzer“ wurde zum Erfolg. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedenfalls wurden in der Steiermark Kürbisse bereits in großer Menge angebaut, meist zusammen mit Mais, als Schweinefutter und zur Gewinnung des Kernöls.

Aber erst im ausgehenden 20. Jahrhundert hielt der Kürbis vermehrt Einzug in die gehobene Küche und feinen Restaurants, als vitaminreiche und kalorienarme Küche, der mit dem Kernöl auch der Anschein einer naturwüchsigen und heimischen Komponente verpasst werden konnte. Es setzte eine regelrechte Kürbiseuphorie ein, nicht nur im Zusammenhang mit Kernöl, Kürbissuppe und zahlreichen anderen modischen Kürbisgerichten, sondern auch mit dem Import des amerikanisch-irischen Halloween-Festkultes.
Halloween oder Hallowe’en ist die Kurzform des englischen Begriffs All Hallows Eve von eve für „Vorabend“ und hallow „Heiliger“, zur Bezeichnung des Abends vor Allerheiligen. Erst seit dem 19. und verstärkt im 20. Jahrhundert hat sich Halloween den Ruf erworben, eine Nacht zu sein, in der Geister, Hexen und Feen besonders aktiv sind. Zu den Halloweenbräuchen gehört auch das Erschrecken der Leute mit einem ausgehöhlten Kürbis, in den ein schauriges Gesicht geschnitzt und eine brennende Kerzen gestellt wird.
Die ausgehöhlten Kürbisse sind dabei nur mehr Beiwerk. In Wahrheit geht es bei der überschwappenden und überkommerzialisierten Popularität des Halloween-Brauchtums bei Kindern wie Erwachsenen um eine Event-Kultur, die nach einem permanenten Fasching strebt und die ständig neue Höhepunkte sucht und braucht.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 22. Oktober 2005.