Es ist wieder Ballzeit, auch wenn man angesichts der Fülle der Veranstalter mit dem Zeitraum von Dreikönig bis Faschings- dienstag nicht mehr auszukommen scheint. Aber der Ball ist trotz aller Sommer-, Herbst- und sonstiger Bälle und aller Konkurrenz durch diverse Faschingssitzungen immer noch das Charakteristikum des österreichischen Faschings. Die Tradition ist aber nicht wirklich alt. Die Wörterbücher des 16. Jahr- hunderts kennen das Wort „Ball“ in der Bedeutung von Tanzveranstaltung noch gar nicht. Es scheint erst im 17. Jahrhundert aufgekommen zu sein. Das Wort leitet sich vom spätlateinischen „ballare“ in der Bedeutung von „tanzen“ her, wobei kein wortgeschichtlicher Zusammenhang mit den Ballhäusern besteht, die im 16. Jahrhundert in den größeren österreichischen Städten, auch in Linz, für das Tennis- und Ballspiel errichtet wurden und von denen auch der Ballhausplatz in Wien seinen Namen hat. Doch ein Zusammenhang besteht doch, nämlich dass diese aristokratischen Ballhäuser, etwa auch das Linzer, das sich an der Stelle der heutigen Redoutensäle befand, im 18. Jahrhundert, als das spätmittelalterlich- frühneuzeitliche Tennis immer mehr aus der Mode kam, für die neuen Redouten und Tanzveranstaltungen herangezogen wurden. Seit dem 17. Jahrhundert setzten die Obrigkeiten alles daran, die früher auch in Wien und Linz üblichen Maskenumzüge auf der Straße aus sittlichen, polizeilichen und politischen Gründen möglichst zu unterdrücken. Maskentragen war nur mehr in geschlossenen Räumen erlaubt, aber auch hier mit Deklarierungspflicht beim Eingang und kleiner Maske, die nicht unkenntlich machen durfte. Elegante Herren erschienen auf den Redouten fast nie in Maske, Damen nur in angedeuteter.
Ekelhafte Verkleidungen oder völliges Verbergen der Leibsgestalt, so genannte Zuckerhüte, Fledermäuse, Zwerge, Riesen, Maschinen, Kästen, ebenso Verkleidungen als Harlekine sowie als Mönche oder Nonnen waren nach den Wiener und Linzer Redoute- und Faschingsordnungen des 18. Jahrhunderts gänzlich verboten. Auf den Straßen durfte sich niemand mehr mit der Maske vor dem Gesicht zeigen. Das galt vor allem für die größeren Städte, während man auf dem Land, vor allem im Salzkammergut oder in den Tiroler Tälern mit der Durchsetzung der Maskier- und Umzugsverbote viel weniger Erfolg hatte. Das Faschingstreiben wurde in den Städten auf die Bälle und Redouten beschränkt. Erst die moderne Medienkultur hat auch hier da und dort die älteren Traditionen der Umzüge und Maskenfeste wieder aufleben lassen.
Roman Sandgruber
Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 4. Februar 2006