Römische Küche

Unser Wissen über die alten Römer ist meist recht tot: die vertrackten, mit schwierigsten Grammatikfallen gespickten Texte in einer toten Sprache und die zweifellos eindrucksvollen Monumente aus toten Steinen. Viel lebendiger wird eine Kultur, wenn man sie nicht nur studiert, sondern auch probiert: in Form ihrer Küche und ihrer Ess- und Trinkgewohnheiten. Wie schmeckt eine römische Fischpfanne oder ein antiker Eintopf? Günther E. Thüry, Wissenschaftler und Gourmet, dessen Erfahrungen aus antiken Müllhalden stammen, und Erwin M. Ruprechtsberger, der rührige Archäologe des Linzer Stadtmuseums Nordico, haben daher eine kleine Ausstellung über römische Küche an der Donau zusammengestellt, die noch bis 9. September geöffnet ist und die in dem vom Unterzeichneten geleiteten Forum Geschichte Oberösterreich bis auf weiteres auch im Internet besucht werden kann.

Was an der Donau in den ersten nach- christlichen Jahrhunderten passiert ist, erleben wir heute in vielfacher Hinsicht: Die mediterrane Küche dringt in den Donauraum, vor 2000 Jahren und heute wieder: damals Fischsaucen und viele andere neue Produkte, heute Pizzalokale und Spaghetterias. Es ist eine fremde Welt, die sich in den damaligen Geschmacksvorlieben auftut: Ob Essen im Liegen wirklich bequem war, oder ob das „garum“ und das „allec“, die stark salzhaltigen Würzsaucen der Römer aus Fischabfällen, tatsächlich so penetrant stanken: sie wurden jedenfalls wie heute Ketchup in großen Massen fabriksmäßig erzeugt und über weite Strecken von Italien an die Donau transportiert, ebenso lebende Austern, eingelegte Makrelen, Olivenöl, Südfrüchte und sogar indischer Pfeffer. Es ist sehr viel, das wird rasch klar, von dem, was wir heute schätzen, von den alten Römern an die Donau gebracht worden: ob Basilikum, Knoblauch, Bohnenkraut, Koriander, Dille, Melisse, Fenchel, Petersilie, Gartenkerbel, Raute, Thymian oder Sauerampfer, ebenso wie Esskastanien, Maulbeeren, Honigmelonen, Pfirsiche, Walnüsse und Mandeln.

Kochbücher und Gourmetführer haben sich aus der Antike in gar nicht so geringer Zahl erhalten. Ob uns das, was sie empfehlen, auch schmecken würde, ist eines Versuches wert. „E pluribus unum“, „Aus Vielen Eines“ war ein rustikales römisches Knoblauchgericht, das auch in einem pseudovergilischen Gedicht gefeiert wird und bis heute als Motto im Staatswappen der USA präsent ist. Wer wagemutig genug ist, einmal provinzialrömisch zu kochen, für den halten die Ausstellungsmacher ein viergängiges Menü samt Rezeptur im Internet bereit: Pinienkernmus an weichen Eiern, Pfefferbirnen, Schinken im Teigmantel, Früchteplatte. Klingt recht gut. Also Guten Appetit!

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 1. September 2007, 31.