Begraben

Zu Allerheiligen werden die Friedhöfe besucht: „Ei siehe! Wird’s heißen: da liegt / der prächtige mächtige Mann, / der stetig auf Erden vergnügt / den Himmel beiseite gethan.“ Die Grabinschriften auf den heimischen Friedhöfen dokumentieren die Namen der Vielen, die hier in ewiger Ruhe liegen und auf eine Auferstehung warten. Die Toten liegen. Sitzen und Stehen zeigt Leben: Der auferstandene Christus, so heißt es im tridentinischen Glaubensbekenntnis, sitzet zur rechten Hand Gottes. Im Grab zu sitzen, gleichsam als Zeichen eines ewigen Lebens, war im Mittelalter nur den außergewöhn- lichsten Persönlichkeiten vorbehalten, im Orient häufiger als im Abendland. Karl der Große soll der Legende nach, die allerdings einer archäolo- gischen Überprüfung nicht standhielt, sitzend auf seinem Thronsessel bestattet worden sein. In der Sage vom Kaiser, der im Berg sitzt, lebten solche Erinnerungen fort, für Karl den Großen, Kaiser Friedrich Barbarossa und auch Friedrich II., im Salzburger Untersberg wie im mitteldeutschen Kyffhäuser-Gebirge. Das bekannte Rückert-Gedicht über den im Berg sitzenden Kaiser hat einst wohl jeder heruntergeleiert: „Er ist niemals gestorben, / Er lebt darin noch jetzt, / Er hat im Schloss verborgen / Zum Schlaf sich hingesetzt ... Der Stuhl ist elfenbeinern, / Darauf der Kaiser sitzt; / Der Tisch ist marmelsteinern, / Worauf sein Haupt er stützt .“

1493 starb in Linz Kaiser Friedrich III. Sein Leichnam wurde mit kostbaren Wässern, Salben und Spezereien einbalsamiert und auf einem Sessel sitzend in der großen Stube des Linzer Schlosses einen Tag lang jedermann gezeigt. Dann wurde er nach Wien überführt und mit dem amputierten Bein vereint zu St. Stephan beigesetzt.

Auch von dem mächtigen böhmischen Adelsgeschlecht der Rosenberger wird, allerdings auch hier nicht den Tatsachen entsprechend, behauptet, dass sie in ihrer Familiengruft in der Klosterkirche im südböhmischen Hohenfurth nicht in Särgen begraben worden seien, sondern, erhaben in Holzlehnstühlen sitzend, in ihrer Gruft das Jüngste Gericht erwarteten.

Eine romantischen Marotte entsprang es wohl, dass der Wiener Armeelieferant Joseph Gottfried Pargfrieder, der mit der Lieferung von Schuhen reich geworden war und den Heldenberg im niederösterreichischen Kleinwetzdorf als österreichische Heldengedenkstätte und Grabstätte für die Feldmarschälle Wimpfen und Radetzky errichtete, sich selbst in einem rotgeblumten, seidenen Schlafrock auf einem Sessel sitzend bestatten ließ. Das Volk dichtete dazu folgenden Spottvers: „Hier liegen drei Helden in ewiger Ruh, zwei lieferten Schlachten, der dritte die Schuh.“

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 27. Oktober 2007, 27.