Die Industrialisierung hat nicht nur die Knöpfe verändert, sondern ihnen auch ernsthafte Konkurrenz gebracht. Nicht nur dass die Knöpfe eines der ersten Produkte waren, wo die maschinelle Fertigung und die neuen Kunststoffe Triumphe feierten, auch das Zu- und Aufmachen wurde revolutioniert, durch den rasch handhabbaren und wegen seiner Kleinheit auch leicht zu verdeckenden Prymschen Druckknopfverschluss und erst recht durch den Reißverschluss, der die Strenge des Verschlusses mit der Leichtigkeit und Verlockung des raschen Öffnens verbunden hat.
Schon 1851 hatte der Amerikaner Elias Howe, der auch als einer der Erfinder der Nähmaschine gilt, das US-Patent Nr. 8540 für einen „automatisch fortlaufenden Kleiderverschluss“ erhalten. 1893 wurde von dem New Yorker Ingenieur Whitcomb Leonard Judson ein erstes Patent auf einen Gleitverschluss erworben, bei dem Haken und Ösen durch einen Schieber miteinander verbunden wurden. 1894 wurde in Hoboken bei New York die Universal Fastener Company gegründet, die erste Reißverschlussfabrik der Welt. Da diese Verschlüsse mehr auf als zu gingen und weil sie nahezu so teuer waren wie die zu verschließenden Objekte, war der Absatz ausserordentlich gering. 1906 erhielt der aus Schweden stammende Kanadier Gideon Sundback ein verbessertes Reißverschlusspatent, aus dem 1913 durch Festmachen auf einem Stoffband der heute übliche Reißverschluss zur Serienreife gelangte. Den Durchbruch brachte der Krieg. Im Ersten Weltkrieg wurden amerikanische Fliegeranzüge mit Reißverschlüssen ausgestattet. Der Reißverschluss war salonfähig geworden und hielt rasch Einzug in die Haute Couture und in die Freizeitmode. Nicht mehr versteckt, sondern offen gezeigt, beflügelt der Zipp mit seinem metallenen Glänzen, seinem maschinellen Rasseln und seinem festen und doch so leicht zu lösenden Verschluss seither Männerphantasien, an den Jeans wie an den Abendkleidern. Aufreißen! Die Mühsal des Knöpfens fiel weg. Doch was, wenn der Zipp wieder einmal klemmt? Viele Slapstickszenen und Kinoromanzen fanden daraus ihren Stoff.
Knöpfe boten Stoff für Luxus- und Männlichkeitsdemonstrationen, Reißverschlüsse für Männerträume. Es passt in die ganze geschlechtsspezifische Ausrichtung der Entwicklung und Bedeutung der Knopfverschlüsse, dass sich der Reißverschluss vornehmlich in der Frauen- und Freizeitkleidung durchgesetzt hat, während die Männerkleidung nur bei den „Hosentüreln“, bei denen offensichtlich ein raschs und einfaches Öffnen sehr gefragt ist, von den Knöpfen abgegangen ist.
Roman Sandgruber
Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 22. September 2007, 33.