Coca-Cola

Es war fast ein Glaubenskrieg, der in den fünfziger Jahren in Österreich um Coca-Cola entbrannte: ob amerikanische Freiheit oder amerikanischer Kulturverfall. Zwar war schon 1929, 43 Jahre, nachdem John S. Pemberton in Atlanta das Rezept für den berühmtesten Softdrink der Welt entwickelt hatte, auch in Österreich Coca-Cola abgefüllt worden. Der Vorarlberger Heinrich Ganahl hatte die Konzession angeblich dem Irrtum zu verdanken, dass der amerikanische Verhandlungsführer offensichtlich der Meinung war, Vorarlberg sei ein Teil Deutschlands.
Unter den Nationalsozialisten und sogar noch, als die USA gegen Nazi-Deutschland in den Krieg eingetreten waren, lief das Geschäft für Coca-Cola zwar auch im Großdeutschen Reich nicht schlecht, obwohl Afri-Cola als deutsche Alternative aufgebaut worden war. Aber der weltweite Aufschwung für Coca-Cola erfolgte im und durch den Zweiten Weltkrieg. Eine der 63 Abfüllanlagen, die das Unternehmen mit den amerikanischen Truppen in die ganze Welt verschickt hatte, wurde 1946 in Lambach aufgestellt, um für die amerikanischen Truppen und ihre Angehörigen in Oberösterreich, Salzburg und der Bundeshauptstadt das fast unentbehrlich scheinende Getränk zu erzeugen. Bis Herbst 1953 wurde die Abfüllanlage in Lambach vom amerikanischen Militär und der Coca-Cola Export Company betrieben, dann übernahm die spätere Firma FAKO die Abfüllanlage.

Ab Ende 1953 durfte Coca-Cola in Österreich offiziell auch an Zivilpersonen verkauft werden. Die Diskussion war heftig. Die Konservativen sahen darin ein weiteres Zeichen des von Amerika ausgehenden Zivilisationsverlusts, die Kommunisten eine nunmehr nicht mehr aus Deutschland, sondern Amerika kommende „braune“ Gefahr und die österreichischen Kracherl-Erzeuger eine Gefährdung der österreichischen Identität und Qualität. Zahlreiche Imitate wurden auf den Markt gebracht, etwa „Erfrig-Cola“, „Sodax-Cola“ und „Austro-Cola“, das durch besonders patriotische Werbung glänzte: „Wenn - dann Austro-Cola“. Die Essenzenfabrik Josef Wurth erzeugte „Sport-Cola“, die Brauerei Wieselburg „Bio-Kola“, eine Wiener Firma „Clio-Cola“. Ab 1958 versuchte Almdudler mit „Taxi-Kola" und „Chabeso-Cola“ am Geschäft mitzuschneiden. Ähnlich agierten VESO mit „Veso-Cola“ und die Firma Frucade, die bis in die 70er Jahre das „Fru-Kola mit dem Affen“ vermarktete. In den 60er Jahren schwappte die Hippie-Bewegung auch über Österreich hinweg, und Charles Wilp kreierte für das deutsche „Afri-Cola“, das seit 1955 wieder in Österreich vertreten war, die „Sexy-mini-super-flower-pop-op-Cola“-Werbekampagne.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 11. Juni 2005, 42.