Pflug

Der pflügende Bauer ist ein altes Symbol der „Kultur“. Die Erde, das Thema der diesjährigen niederösterreichischen Landesausstellung in St. Peter in der Au, spendet ihre Fruchtbarkeit nur dann so reichlich, wenn der Boden entsprechend bearbeitet wird. Wie das Wort Kultur, das sich vom lateinischen Zeitwort „colere“ („die Erde bebauen“) herleitet und den Bogen von der Agrikultur über die so genannte Hochkultur bis zu den religiösen Kulten spannt, so hat auch das Wort „Pflug“ enge Beziehungen zum Bereich der Kultur, die im Englischen in der sprachlichen Nähe von „plough“ für „Pflug“ und „play“ für „Spiel“ am deutlichsten hervortreten.

Die Entwicklung des Pfluges führte von Grabstock und Hacke über die ersten mit tierischen Kraft gezogenen Haken und Hakenpflüge (im Deutschen Arl bzw. Ard genannt) und die schweren Beetpflüge mit Rädergestellen zu den „Sauriern“ der Agrarmechanisierung, den riesigen Dampfpflügen, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert auf großen Gütern im Einsatz waren, und weiter zu den vielscharigen Traktorpflügen der Gegenwart. Der Räderpflug gilt als eine der wichtigsten Neuerungen des europäischen Frühmittelalters. Damals tauchte im Deutschen auch ein neues Wort auf, nämlich „Pflug“. Seine Herkunft ist so dunkel wie die Erfindung des Beetpfluges selbst. Es kommt weder aus dem lateinischen Sprachkreis, noch aus dem germanischen, keltischen oder slawischen. Während mit der Hacke oder Haue vornehmlich Frauen arbeiteten und damit die wahren „Hacklerinnen“ darstellten, war das Pflügen Männerarbeit. Pflügende Frauen galten früher als Unglück und wurden in alten Faschings- und Fruchtbarkeitsbräuchen als Zeichen einer „verkehrten Welt“ an den Pflug gestellt.

In der Ausstellung in St. Peter sieht man auch den berühmten Pflug, mit dem 1769 Kaiser Joseph II. wie sein königlicher Schwager in Frankreich, anknüpfend an damals sehr moderne chinesische Vorbilder, auf einem mährischen Acker ein paar Furchen zog, eine Handlung, die von der damaligen Staatspropaganda mit Flugblättern, Bildern und Denkmälern ausführlich verwertet wurde: „Wie heißt das Ding, das wenige schätzen? Doch ziert`s des größten Kaisers Hand …“, fragte Friedrich Schiller 1801 im „Rätsel der Turandot“: „Es ist gemacht, um zu verletzen, am nächsten ist’s dem Schwert verwandt. Kein Blut vergießt’s und macht doch tausend Wunden, niemand beraubt’s und macht doch reich, die größten Reiche hat’s gegründet, die ältsten Städte hat’s erbaut, doch niemals hat es Krieg entzündet, und Heil dem Volk, das ihm vertraut …“

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 7. Juli 2007, 34.