Ein Professor des Linzer Akademischen Gymnasiums entwickelte schon um die Mitte des 19. Jahrhunderts Ideen für die Verwirklichung des Fernsehens, eines der ältesten Träume der Menschen. Auf der Berliner Funkausstellung 1928 wurden vier konkurrierende, funktionsfähige Fernsehsysteme vorgestellt. 1934 konnte im Wiener Messepalast ein 18 x 24 cm großer Bildschirm in einer abgedunkelten Fernseh- Empfangskoje besichtigt werden. Es war der erste öffentliche Fernsehversuch in Österreich. Von der nationalsozialistischen Propaganda wurde neben dem Volkswagen, Volkstraktor, Volkskühlschrank und natürlich Volksempfänger auch ein Volks-Fernseh-Apparat vorgestellt, von dem allerdings nur 50 Stück gebaut wurden.
Im Nachkriegsdeutschland waren vorerst alle Fernsehaktivitäten verboten. Man hatte wohl auch größere Sorgen. 1948 wurde in der BRD mit Zustimmung der Briten ein Versuchsbetrieb aufgenommen und am 25. Dezember 1952 mit Goethes „Vorspiel auf dem Theater“ ein regelmäßiges Fernseh-Programm begonnen. Der Text, den der Theaterdirektor zu Dichter und lustiger Person zu sprechen hat, war beziehungsvoll: „Ihr beiden, die ihr mir so oft, / in Not und Trübsal, beigestanden, / sagt, was ihr wohl in deutschen Landen / von unsrer Unternehmung hofft? ...“
Auch in Österreich wurden 1948 erste Aktivitäten in Richtung Einführung des Fernsehens gesetzt. Es dauerte bis 1955, bis die Idee des „drahtlosen Fernkinos“ auch in Österreich Wirklichkeit wurde. Den ersten Fernsehabend am 1. August 1955 mit einer Programmdauer von etwas über einer halben Stunde konnten einige tausend Österreicher mitverfolgen. Das Programm bestand in einer Verfilmung der Aufführung der Egmont-Ouvertüre vor der Kulisse Schönbrunns, einer Diskussion über Fernsehen als Gefahr für die Presse und einem Kurzfilm über die französische Schule in Wien.
Die Beurteilung war wenig euphorisch, was in der markanten Fehleinschätzung des österreichischen Bundeskanzlers Julius Raab über die politischen Zukunftschancen dieses Mediums zum Ausdruck kommt, mit dem Ausspruch, was es denn schon ausmache, „ob 3000 in das Narrnkastl schauen oder nicht.“ Zum Fernsehen ging man um 1960 noch in Gaststätten und Kaffeehäuser. „Wann i was segn will, geh i an de Ecken zum Wirt“, sagt Helmut Qualtingers Herr Karl: „Der hat an Fernseh … Ma muaß net hinschaun, aber ma kann. Da sitz i da und schau zua. Mir is wurscht, was g'spielt wird. Wann i müd bin, zahl i und geh furt.“ Doch bald schaute man lieber daheim. Im Jahr 2000 besaßen 98 Prozent der oberösterreichischen Haushalte mindestens ein Fernsehgerät.
Roman Sandgruber
Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 14. Mai 2005, 37.