Erde, das Thema der diesjährigen Nieder- österreichischen Landesausstellung in St. Peter in der Au, kann vieles bedeuten: das Raumschiff Erde, auf dem wir unablässig um das Feuer der Sonne kreisen, und das Stückchen Erde, das uns zur Heimat geworden ist. Die Erde ist seit Jahrmillionen unsere Welt und scheint uns doch in wenigen Jahren zu entgleiten: Sie versorgt uns überreich mit Mineralien, Baustoffen, Brennstoffen und Nahrungsmitteln und macht uns häufig zu spät auf drohende Katastrophen aus der Übernutzung dieser reichen Gaben aufmerksam. Der Mensch hat der Erde seine Fußstapfen eingeprägt. Der ökologische Fußabdruck ist zu einem Ausdruck dafür geworden, wie sehr der Mensch die Flächen dieser Erde übernutzt und wie ungleich diese Nutzung zwischen einzelnen Regionen verteilt ist. Für wie lange und für wie viele reichen die Ressourcen dieser Erde?
Wo könnte das Thema der Erde unmittelbarer spürbar sein als mitten in der Vierkanterlandschaft des Mostviertels, in einem Ort wie St. Peter in der Au, wo immer schon selbstbewusste und aufrührerische Bauern zu Hause waren. St. Peter war einer der zentralen Orte im niederösterreichischen Bauernkrieg der Jahre 1597/98. Die aufständischen Bauern besetzten das Schloss, plünderten die Vorräte und nahmen den Schlossherrn gefangen. Er blieb fast ein Monat lang Gefangener der Bauern. Einer der Rädelsführer ging mit dem Spruch herum: „Wir wollen frei werden wie die Schweizer“. Der Aufstand wurde grausam niedergeschlagen. Einige der Anführer wurden grausam hingerichtet, anderen schnitt man die rechte Hand ab, wieder anderen die Nasen und Ohren. Bis 1848 mussten sich die Vertreter der St. Peterer Bauern alljährlich einmal vor dem Schloss versammeln und mit weißen Stäben in den Händen die Abbitte wiederholen, die sie im April 1597 zu leisten gehabt hatten. Dies ist einer der Gründe, dass die Bauernbefreiung gerade in dieser Region sehr bewusste Bauern hervorgebracht hat.
Der Mensch ist aus Erde und kehrt zur Erde zurück. So führt der Weg der Ausstellung in St. Peter bis zu den letzten Dingen, wo der Mensch wieder zu Erde wird. Anderseits ist die Auferstehung und das Weiterleben in einer anderen Welt eine jener großen Hoffnungen, an die sich der Mensch seit vielen Jahrtausenden klammert. An der Decke des großen Festsaals im letzten Teil der Ausstellung erstrahlt der Himmel von Niederösterreich in Ausschnitten aus Deckenfresken niederösterreichischer Barockkirchen und Festsäle. Der Weg in das Weltall, den die Menschheit inzwischen begonnen hat, eröffnet neue Dimensionen, die die Probleme der Erde allerdings nicht lösen.
Roman Sandgruber
Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 19. Mai 2007, 30.