Beil

Die Österreicher lieben das Hackl, zwar vielleicht nicht als „Hackn“, aber in Form der „Hackler-Regelung“, die ihnen einen früheren Pensionsantritt erlaubt. Auch in der Politik kennt man die „Hackln“: meist fliegen sie tief. Manchem mag es schon passiert sein, dass er plötzlich ein „Hackl ins Kreuz“ gekriegt hat, zumindest in Form des „Hexenschusses“, von dem man früher glaubte, dass er mit dämonischer Kraft von Perchten, Elfen oder Zwergen des Nächtens mit einer Hacke in den Rücken oder ins Knie gehauen worden sei. Das war der Grund, dass man sich vom „Heiligen mit der Hacke“, dem heiligen Wolfgang, besonderen Schutz vor solchen Übeln erhoffte.

Dass St. Wolfgang am 2. August das 500-jährige Jubiläum der Zugehörigkeit zu Oberösterreich begehen kann, gibt Anlass, sich mit der Hacke zu beschäftigen, wie Axt und Beil im bayrisch- österreichischen Sprachgebrauch meist bezeichnet werden. Das Hackl ist das Symbol des hl. Wolfgang und des Wolfgangi-Landes. Dem Beil wird urtümlich-dämonische Kraft zugesprochen, zählt es doch in Form der Steinbeile zu den wohl ältesten Werkzeugen und Waffen, die sich der Mensch hergestellt hat. Das Werfen des Beiles oder Hammers war im deutschen Recht ein Symbol für die Abgren- zung eines bestimmten Macht- bzw. Besitzbereichs und die Begründung einer Wohnstätte.

Durch solch einen Beilwurf soll der Regensburger Bischof Wolfgang den Platz für seine Einsiedelei am Wolfgangsee bestimmt haben. Das Beil machte den hl. Wolfgang auch zum Helfer in allen jenen Notfällen, die wie ein Beilwurf über den Menschen hereinbrechen, vom Hexenschuss bis zur Fraisen, vom Ungewitter bis zur Feuersbrunst. Seine Kirche wurde im ausgehenden Mittelalter zu einem der größten Wallfahrtsorte der damaligen Zeit, gleich hinter Santiago oder Rom. Als Wolfgangihackl wird sein Symbol in Gestalt kleiner Amulette verkauft und getragen. Der große Erfolg der Wallfahrt nach St. Wolfgang war es auch, der die Begehrlichkeit von Kaiser Maximilian erweckte. Im Kölner Schiedsspruch vom 30. Juli 1505 wurde Niederbayern aufgeteilt: Maximilian erhielt einige „Juwelen“: die Silberorte Rattenberg und Kitzbühel, die Feste Kufstein, die Schlösser Rannariedl, Neuhaus und Neuburg am Inn und Mondsee und St. Wolfgang. Am 2. August 1506 wurde nach langen Detailverhandlungen die Übergabe vollzogen, auch wenn Maximilian aus Geldnot den größeren Teil gleich wieder verpfänden musste. Aber die Österreicher haben das Pfand ausgelöst und haben seither nicht nur einen der schönsten Orte der Welt, sondern auch das „Hackl“ des Heiligen und alle damit verbundenen Vorteile.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 29. Juli 2006, 34.