Masken und Verkleidungen gehören zum Fasching. Überall im Land gibt es die Faschingsumzüge mit ihren närrischen Gruppen und Gestalten. Zu den bekanntesten und traditionsreichsten Faschingsver- anstaltungen im Land gehört der Ebenseer Fetzenfasching. Sein Höhepunkt ist der Fetzenzug am Fetzenmontag, dem Faschingsmontag. Die Teilnehmer tragen dabei Lumpen- und Flinserlkostüme („Fetzen“) und stoffene „Fürhangl“ oder kunstvoll geschnitzte („geschnegerte“) Holzlarven. Mit verstellter Stimme können die Fetzen unerkannt und ausgelassen die ungeschminkte Wahrheit sagen und alles kritisieren, was sie während des Jahres berührt oder gestört hat.
Den Fasching, die Zeit zwischen Dreikönig und dem Beginn der Fastenzeit am Aschermittwoch kennzeichen Musik, Tanz, Maskentreiben, Narrenfreiheit, Geschlechtertausch, Rügegerichte und „verkehrte Welt“. Es beginnt mit dem „foasten“ oder „unsinnigen“ Donnerstag, der Höhepunkt wird in den „drei heiligen Faschingstagen“ (Sonntag bis Dienstag vor dem Aschermittwoch) erreicht. Den Abschluss des Ebenseer Faschings bilden am Aschermittwoch das Faschingverbrennen am Traunufer und der Heringschmaus in den Gasthöfen.
Wie alt der Ebenseer Fasching ist, ist nicht ganz klar. Die ersten sicheren Belege stammen erst aus dem beginnenden 20. Jahrhundert. Doch Walter Rieder, einer der besten Kenner der Ebenseer Geschichte, konnte Hinweise auf viel ältere Traditionen finden, weil Ebenseer Auswanderer, die im späten 18. Jahrhundert als Holzknechte in die heutige Ukraine gelangt sind, dort bis heute ähnliche Gebräuche kennen.
Ist der Fetzenfasching ein Armeleutefasching? Die Fetzen sind nicht nur Ausdruck, dass sich die armen Salzkammergutleute keine teuren Verkleidungen leisten konnten. Das Kleid des Narren ist aus Flicken zusammengesetzt. Im reichen Aussee sind es die Flinserl, die an venezianische Masken und Kostümierungen erinnern. Im deutlich ärmeren Ebensee verwendete man zerschnipselte Fetzen. Das Fleckenkleid ist auch Ausdruck der Sünde, die im Fasching regiert. Die mitgeführten Geräte der „Fetzen“, ein Besen, ein möglichst ramponierter Regenschirm, eine Handtasche, ein Kinderwagen, eine Klobürste, sind typische Accessoirs der Narren und ihrer verkehrten Welt.
Trotz der Tendenz zur Vereinheitlichung in den letzten Jahren, beeinflusst durch die Formen des rheinischen Karnevals (Faschingsgilden, Prinzenpaare, Mädchengarden, Umzüge und Sitzungen mit kabarettartigen Darbietungen) und des Fernsehfaschings aus Villach, die auch an Ebensee nicht spurlos vorbeigegangen sind, sind hier die älteren Wurzeln des Faschingtreibens noch recht gut erkennbar.
Roman Sandgruber
Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 2. Februar 2008