Schwarz

Die ÖVP hat mit der Farbe Schwarz nie wirklich Freude gehabt und sich immer nur recht halbherzig dazu bekannt. Die alte Farbe der Konservativen und Christlichsozialen war ja das Weiß. Auch die grüne Farbe hatte es der ÖVP immer wieder angetan, vom Grün des Bauernbunds über das Grün der Heimwehr und die grünen Lodenmäntel und Trachtenhüte ihrer vornehmlichen Klientel bis zu den schwarz-grünen Plakaten, die die Werbelinie der ÖVP in den 1960er und 1970er Jahren bestimmten. Aber am liebsten wäre der ÖVP schon immer das staatstragende Rot-Weiß-Rot gewesen. Die „Schwarzen“, das war und ist mehr ein Schimpfwort, mit dem die Christlichsozialen von ihren antiklerikalen Gegnern in Anlehnung an die schwarzen Soutanen des niederen Klerus und die „schwarze Internationale“ der Jesuiten bedacht wurden, obwohl eigentlich nicht Schwarz, sondern Weiß-Gelb die Farbe der Kirche ist und sich die hohe Geistlichkeit immer durch ihr Rot hervorgetan hat.

Die Farbe Schwarz symbolisiert die Extreme: es kann sowohl die völlige Negation wie auch die gesamte Fülle zum Ausdruck bringen. Daher wurde es zur beliebten Farbe geheimer Organisationen. Das Schwarz der Anarchisten entstand in den 1870er Jahren. Als Farbe der faschistischen Bewegungen tauchte es 1919 in Italien auf. Auf der einen Seite wurde Schwarz zum Symbol der Trauer und des Unglücks. Man spricht von Schwarzmärkten, Schwarzfahrern, Schwarzsehern, Schwarzen Listen, Schwarzen Messen, Schwarzen Schafen … Auf der anderen Seite wurde es zum Symbol der Vollkommenheit. Die Spuren der abendländischen Vorliebe für Schwarz reichen bis ins antike Griechenland. Es geht auf Aristoteles zurück, schwarz mit Nüchternheit und Klarheit, mit der Welt der Gedanken und des Geistes, der Schrift und der Kunst ebenso wie der Zivilisation und Bürgerlichkeit und nicht zuletzt auch der Männer in Zusammenhang zu bringen und der Farbigkeit die entsprechenden Gegenpositionen zuzuordnen.

Schwarz gab es vor Einführung der synthetischen Farben in zwei Varianten: einerseits das so genannte „geschmutzte“ und entsprechend billige Schwarz, andererseits das teure, glänzende, in einem aufwändigen Prozess des Schönfärbens gewonnene Schwarz. In dieser Form wurde es seit dem 16. Jahrhundert zur vornehmlichen Farbe der Oberschichten, des Adels und der Bürger und in Anlehnung daran auch der geistigen Eliten oder jener, die sich dazu zählten, der Hugenotten, Calviner, Puritaner, Jesuiten, Künstler und Gelehrten. So wurde Schwarz auch zum Symbol des guten Anfangs, der schwarzen Zahlen und des soliden Geschäfts.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 30. September 2006, 34.