Rauchverbote sind so alt wie das Rauchen selber. Und immer waren solche Verbote mit einem bemerkenswerten Schuss Unlogik und Heuchelei versehen. Die Politik bekämpft das Rauchen und regt sich gleichzeitig über den Verlust von einigen hundert Arbeitsplätzen in der Tabakindustrie auf. Und sie bekämpft es und öffnet gleichzeitig die Grenzen, damit mehr und billigere Zigaretten hereingebracht werden können.
Als das Rauchen im 17. Jahrhundert aufkam, wurde es sofort verboten. Nicht immer mit logischen Argumenten. 1644, und das ist der älteste bisher bekannte Beleg für Rauchen in Österreich, erließ das Schlägler Stiftskapitel ein strenges Verbot. Zahlreiche weitere Verbote folgten. Der Brand der Wiener Hofburg im Jahre 1668, der auf Rauchen zurückgeführt wurde, soll den Kaiser ungeheuer erzürnt haben. Das „Tabak- trinken“, wie man das vorher gänzlich unbekannte Rauchen damals nannte, wurde streng untersagt. In Haslach wurde dies offensichtlich gründlich missverstanden. Man publizierte 1671 zwar das Verbot des „Tabaktrinkens“ in einer Instruktion für den Marktrichter, aber mit der etwas eigenartigen Begründung, dass es in der Region ohnehin genug frisches Brunnenwasser gebe, vor allem „für die Weiber“, wie man hinzufügte.
Man ging aber schon um 1670 dazu über, das Rauchen, statt es zu verbieten, zu einer bevorzugten Quelle der Staatseinnahmen zu machen. Dennoch erließ man immer wieder Rauchverbote auf Straßen; Marktplätzen und in Parkanlagen, einerseits aus feuerpolizeilichen Motiven, andererseits aus Sorge um die öffentliche Sittsamkeit. In Linz war das Rauchen auf der Promenade und auf den Marktplätzen untersagt. Rauchen in der Öffentlichkeit wurde bis zum Jahr 1848 mit Gefängnis oder Stockschlägen bestraft. In einem einzigen Monat, zum Beispiel im März 1816, wurden in Linz sechzehn Gefängnisstrafen wegen Rauchens im Freien verhängt. Gesundheitliche Aspekte hingegen spielten bis ins frühe 20. Jahrhundert kaum eine Rolle. Im späten 19. Jahrhundert entwickelte sich eine sehr kämpferische Antinikotinbewegung. Aber auch sie argumentierte vorerst nicht medizinisch, sondern entweder rassisch („Der deutsche Mann und insbesondere die deutsche Frau raucht nicht!“) oder wirtschaftlich im Sinne einer unnützen Geldvergeudung. Hitler war aus solchen Gründen vehementer Nichtraucher. Ernsthafte medizinische Gründe tauchten erst nach dem Ersten Weltkrieg auf. Immer mehr erkannte man, dass das Rauchen nicht nur die Gesundheit gefährdet, sondern damit der öffentlichen Hand viel mehr Kosten verursacht, als es Einnahmen bringt.
Es musste schon mehr sein. Tief sitzende abergläubische Vorstellungen, die sich auf den Rauch und Ruß beziehen, dürften den Rauchfangkehrern zu ihrem Ansehen verholfen haben. Durch den Schornstein oder die Rauchlucke verließ den alten Vorstellungen gemäß die Seele das Haus. Der Schornstein galt im Aberglauben als der Aufenthaltsort der Geister und Dämonen. Hexen und Kobolde fliegen durch den Schornstein, mancherorts auch der Nikolaus oder das Christkind. Der nach oben ragende Schornstein verbindet zwei Welten, Erde und Himmel. Dem Blick in den Kamin wurden einst magische und zauberische Kräfte zugeschrieben. Man hoffte, damit die Zukunft sehen und beschwören zu können. Sieht ein Mädchen in der Neujahrsnacht in den Schornstein, so erblickt es seinen Bräutigam, sieht man von oben durch den Schornstein, sieht man, wer im nächsten Jahr sterben wird oder erfährt überhaupt das Schicksal des Neuen Jahres.
Das offene Feuer war einst das Zentrum des gesamten Hauses. Die frühen Haus- und Volkszählungen wurden als Feuerstättenzählungen bezeichnet. Heutzutage, wo in den meisten Häusern gar kein Feuer mehr brennt und die Wärme vom Fernkraftwerk kommt oder eine Gas- oder Ölflamme mehr oder weniger versteckt eine Zentralheizung speist, hat der Schornstein seine zentrale Bedeutung verloren und nur der kleine Glücksbringer erinnert an die wichtige Rolle, die das Feuer für die menschliche Kultur immer noch einnimmt.
Roman Sandgruber
Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 24. November 2007, 34.