Puch 500
und Trabant 500

Sie hätten Zwillinge sein können, so sehr sind sie in ihrer Herkunft und Grundkonzeption verwandt, auch wenn sie in ganz unterschiedlichen Umfeldern aufgewachsen und sich zu ihren Lebzeiten wohl kaum begegnet sind: der „Trabant 500“, der so genannte „ostdeutsche Volkswagen“, und der „Puch 500“, die österreichische Antwort auf den VW. Beide wurden sie im Jahr 1957 aus der Taufe gehoben und beide haben sie ihren fünfzigsten Geburtstag nicht erlebt. Beide haben sie nachträglich Kultstatus erlangt, obwohl zu Lebzeiten wohl viel häufiger schlecht als gut über sie geredet worden war. Beide kamen sie aus edlen Familien: der Trabant aus den Produktionsstätten in Sachsenring und Zwickau, wo vor dem Krieg die Nobelmarken Horch und Audi gefertigt worden waren, und der Puch 500 aus der großen Autotradition von Steyr-Daimler-Puch. Beide hatten sie in ihren Anfängen innovative Konzeptionen und ambitionierte Ziele.

Der Name des ostdeutschen „Trabant“ feierte den „Sputnik“, den ersten künstlichen Erdtrabanten, den die Sowjetunion 1957 in den Weltraum geschossen hatte. Der Leiter des Projekts in Graz war der Steyr-Konstrukteur Erich Ledwinka, Sohn des berühmten Hans Ledwinka. Die Eckdaten der beiden Modelle waren sich recht ähnlich: für den Trabant ein Gewicht von max. 600 kg und ein Verbrauch von 5,5 Liter in einem 500 ccm Zweitakt-Drehschiebermotor mit 18 PS, der Puch mit einem luftgekühlten Zweizylinder-Boxermotor mit 493 ccm und 16 PS und 4,5 Liter Verbrauch bei 480 kg Eigengewicht. Obwohl der Puch 500 von Motor und Fahrgestell her eine durch und durch österreichische und eigenständige Konstruktion darstellte, war er äußerlich nur an winzigen Details vom Turiner Fiat 500 Nuova zu unterscheiden. Der unglückliche Assembling-Vertrag, den Steyr mit Turin abgeschlossen hatte, band Steyr imagemäßig nahezu völlig an Fiat und erlaubte den österreichischen Automobilbauern nur die Produktion für den Inlandsmarkt ohne jegliche wirtschaftliche Expansionschancen. So kam das wirtschaftliche Ende des technisch innovativen Puch 500 bereits 1975. Gefertigt wurden schließlich insgesamt nur etwa 60.000 Stück. Vom Trabant wurden von 1957 bis zum unvermittelten Ende 1991 zwar insgesamt 3.051.385 Fahrzeuge produziert. Aber beide Automarken sind gescheitert, weil ihre Karriere „vergurkt“ wurde, wie man mit einem neudeutschen Kunstwort wohl sagen würde, der Puch 500 in einem von einer verstaatlichten Bank wie ein Staatsbetrieb geführten Unternehmen und der Trabant in einem staatlichen Kombinat im Umfeld einer zentralisierten Staatsverwaltungswirtschaft.

Roman Sandgruber

Aus der Serie "Alltagsdinge". Oberösterreichische Nachrichten, 14. Juli 2007.